Text & Bilder von Christoph Ruisz

Jedes Jahr bringt uns der Winter mit seiner weißen Pracht ganz spezielle Bedingungen um Wildtiere in ihrem natürlichen Habitat abzulichten. Ich persönlich liebe diese Jahreszeit. Schnee und Eis färben das sonst so bunte Landschaftsbild in ein schlichtes Weiß und lenken den Fokus besonders auf das Treiben der tierischen Bergbewohner.

Gams, Christoph Ruisz, Naturfotografie

Auch mit widrigsten Bedingungen kommen Gämsen gut zurecht.

 

Eine große Herausforderung

Für Flora und Fauna stellt die Winterzeit die vermutlich größte Herausforderung während eines Kalenderjahres dar. Nicht umsonst meiden viele Arten in dieser Periode die höheren Lagen. Mit Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, Eis, Lawinen und Schneestürmen ist das auch kein Wunder. Dem Tierreich wird unter derartig extremen Bedingungen alles abverlangt. Nur einige Wenige von ihnen sind in der Lage mit solchen Witterungen klarzukommen. Die Evolution macht es möglich, denn dank ihr haben sich Schneehasen, Gämsen, Schneehühner und Co über tausende von Jahren zu wahren Überlebenskünstlern entwickelt.

Schneehuhn, Christoph Ruisz, Naturfotografie

Zum Ende des Winters wechseln die Schneehühner ihre Gefiederfarbe. 

 

Planung ist alles

Auch für uns Menschen sind diese Umstände alles andere als einfach, vor allem als Naturfotograf hat man es dabei oft nicht leicht. Das Fotografieren unter solchen Voraussetzungen kann zu einem richtigen Abenteuer avancieren. Ganz wichtig ist eine gut durchdachte Planung im Vorfeld. Sie ist zwar keine Garantie, aber das Fundament für eine erfolgreiche Fototour in den winterlichen Berglandschaften. Der Aufstieg in die Lebensräume der pelzigen und gefiederten Hauptdarsteller kann manchmal etwas kräfteraubend und langwierig sein, besonders wenn bei hoher Schneelage die Schneeschuhe angeschnallt und Stativ, Kamera und sonstiges Equipment über mehrere hundert Höhenmeter den Berg hinaufgeschleppt werden müssen. Doch man wird zumeist für seine Mühen belohnt. Alleine das traumhafte Bergpanorama lässt so einige Strapazen innerhalb kürzester Zeit vergessen.

boxende Schneehasen, Christoph Ruisz, Naturfotografie

Am Ende des Winters können bei den Schneehasen schon mal die Fäuste fliegen.

 

Die Spannung steigt mit der ersten Sichtung

Sobald der Moment kommt und ich in die Reviere der Wildtiere gelangt bin, beginnt für mich die Spannungskurve zu steigen. Mit der ersten Sichtung eines wilden Bergbewohners erreicht sie dann ihren absoluten Höhepunkt. Der Puls steigt und spätestens jetzt sind wirklich alle Anstrengungen vom beschwerlichen Aufstieg vergessen. Von da an sollte es dann mit dem Aufbauen und Justieren der Ausrüstung schnell gehen. Um die Tiere in der weißen Pracht schön freistellen zu können, muss auf jeden Fall die richtige Aufnahmeposition gefunden werden. Dies ist im steilen und unwegsamen Gelände oft schwierig und kann auch ein bisschen dauern. Für mich ist es immer eine große Hilfe, wenn ich mir vorab schon ein paar Gedanken zu meinen Fotozielen gemacht habe. Man kann im Zuge der Planung zwar selten die genauen Aufnahmesituationen vorausahnen, doch Überlegungen zum Verhalten der Hauptdarsteller, sowie einer möglichen Bildkomposition und Bildaussage schaden nie. Selbst wenn man sich dadurch beim eigentlichen Shooting nur wenige Sekunden der Entscheidungsfindung erspart, könnten diese Sekunden entscheidend sein.

Gamsbock, Christoph Ruisz, Naturfotografie

In den Wintermonaten spielen die Hormone der Gamsböcke verrückt

 

Die Tiere respektieren

Am allerwichtigsten ist es jedoch, die Tiere während einer solchen Tour niemals zu bedrängen oder in irgendeiner Weise unnötigen Stress auszusetzen. Vor allem im Winter könnten die Folgen von vermeidbaren Störungen fatale Folgen für die Wildtiere haben. Deshalb lieber mit doppelter Vorsicht agieren und auf Nummer sicher gehen. Die schönsten Wildlife-Aufnahmen entstehen dann, wenn die Tiere ungestört ihrem natürlichen Tagesablauf folgen können.

Schneehuhn, Christoph Ruisz, Naturfotografie

Im Winter nur äußerst schwer zu erkennen: Das Schneehuhn