Wir freuen uns sehr Euch wieder einen Gastbeitrag vorstellen zu dürfen. Viktoria Pezzei ist Wildtier-und Naturfotografin sowie Fotojournalistin. Sie dokumentiert gerne spannende Artenschutzprojekte und ist überzeugt, dass die Fotografie als essenzielles Instrument dient, um den Artenschutz zu kommunizieren. Wir wünschen Euch viel Freude beim Lesen von diesem wunderbaren Gastbeitrag!
Die Naturfotografie auf den Artenschutz übersetzt
Die Naturfotografie ist nicht nur eine wundervolle Art und Weise, um Wildtiere in prächtigen Landschaften zu portraitieren, sondern dient auch als ein essenzielles Instrument, um den Artenschutz zu kommunizieren. Mit einer bewegenden, visuellen Sprache schafft man einen Bezug zum Betrachter und kann idealerweise der Anstoß zum Handeln und Schützen sein. In meinem persönlichen fotografischen Weg wurde ich stets mit dem Biodiversitätsverlust und dessen Folgen konfrontiert und habe mich aufgrund dessen entschieden den Schwerpunkt meiner Arbeit auf den Artenschutz zu setzen.
Eine Wochenstube von Braunen Langohren (Plecotus auritus) in einem Fledermauskasten.
Als Fotografin setze ich mich mit der Beziehung zwischen Menschen und Wildtieren auseinander. Dabei beschäftige ich mich verstärkt mit dem Schutz der faszinierenden Welt und Lebensweise der Fledermäuse. Meine Begeisterung für die fliegenden Säugetiere entstand durch ein lokales Artenschutzprojekt in einem Wald, welcher sich in unmittelbarer Nähe von meinem Zuhause befindet. Die Organisation Natura 2000, welche den Schutz von europäischen Flächen koordiniert, führt bereits seit über 13 Jahren das „1000 Fledermauskästen“ Artenschutzprojekt. Mittlerweile hat Natura 2000 in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, wie dem Bayrischen Staatsforsten, mehr als 1200 dieser Kästen in dem 90km2 großen Forst aufgehangen. Diese Fledermauskästen dienen als Ausgleichsmaßnahme zum fehlenden Habitat. Jedes Jahr versammeln sich freiwillige Helfer, um die Kästen zu kontrollieren und zu säubern.
Henriette Hofmeier von Natura 2000 zeigt den Freiwilligen ein Braunes Langohr (Plecotus auritus). Fledermäuse sind streng geschützt und dürfen ausnahmslos lediglich von berechtigten Personen in die Hand genommen werden.
Europäische Fledermäuse sind Insektivora, das heißt sie ernähren sich ausschließlich von Insekten. Schädlinge stehen dabei ganz oben auf ihrem Speiseplan. Eine einzelne Fledermaus nimmt täglich 30% ihres Gewichts an Nahrung auf. Dabei können tausende Fledermäuse bis zu 1,5 Kilogramm in einer einzigen Nacht an Insekten verspeisen. Die Tiere tragen somit einen großen Teil zur natürlichen Schädlingsbekämpfung bei – und das ohne jegliche Pestizide, ein großer Gewinn für die Landwirtschaft.
Ursula Kunz vom Natur- und Umweltmuseum in Ebersberg (Deutschland) reinigt einen Fledermaus Kasten.
In Deutschland leben 25 Fledermausarten, von denen laut der roten Liste fünf Arten gefährdet sind und drei weitere vom Aussterben bedroht sind. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: zum einen fehlt in den Wäldern Totholz, abgestorbene Bäume, die aufgrund ihrer Kargheit viele Schlupflöcher als Habitat anbieten; zum anderen dezimieren energetische Dachsanierung die Anzahl von geeigneten Quartieren. Ca. 20 Jahre sind notwendig, damit eine Spechthöhle groß genug für ein Fledermausquartier ist. Die Kästen bieten den Fledermäusen einen Ausgleich zu dem Rückgang ihrer natürlichen Quartiere. Besonders in den Sommermonaten, wenn die Fledermauskastenkontrolle stattfindet, finden sich Weibchen zu sogenannten Wochenstuben zusammen, um ihr einziges Junges zu gebären. In anderen Kästen finden die Teilnehmer ein einzelnes Männchen, welches tagsüber schläft.
In den Fledermauskästen finden auch andere Tiere Zuflucht, wie zum Beispiel Siebenschläfer, Bienen, Wespen und Spinnen.
Das Fotografieren der Fledermauskastenkontrolle war eine spannende Herausforderung für mich. Nachdem ich zuvor hauptsächlich mittelgroße bis große Säugetiere fotografierte, wusste ich, dass ich bei den Fledermäusen flink sein muss. Bei der Kastenkontrolle will man die Tiere so wenig wie möglich stören, sodass nach dem Öffnen der Kästen nicht unnötig viel Zeit verschwendet werden soll. Zudem kam eine schwierige Lichtsituation hinzu, denn die Kästen sind von innen sehr dunkel. Dank der vorherigen Absprache mit den Organisatoren und Helfern wurde mir bereits sehr geholfen und ich konnte somit die bildliche Sprache und die Ausführung derer planen.
Mit der visuellen Kommunikation von dem Artenschutzprojekt „1000 Kästen“ wurde die Neugierde geweckt und somit die Aufmerksamkeit für den Schutz der Fledermäuse gefördert. Ich bin überzeugt, dass je mehr Fotografen sich dem Artenschutz widmen, desto mehr tragen sie zum Dialog bei. In ganz Deutschland existieren diverse Artenschutzprojekte, welche mit der Naturfotografie kombiniert werden können. Beim Mitwirken in lokalen gemeinnützigen Projekten kann man als Fotograf sogar Begeisterung für Themen direkt vor der eigenen Haustür finden.
Hinweis: Alle Bilder Copyright Viktoria Pezzei!
Über Viktoria Pezzei
Viktoria Pezzei ist Wildtier- und Naturfotografin sowie Fotojournalistin. Mit über zehn Jahren Erfahrung und einem Schwerpunkt auf Natur- und Umweltschutz schafft Pezzei künstlerische Arbeiten mit immersiven Inhalten, die eine einzigartige Geschichte erzählen. Pezzei dokumentiert in ihrer Arbeit die Beziehung zwischen Mensch und Wildtier und kommuniziert mit visueller Sprache die Wissenschaft aus der laufenden Forschung zum Artenschutz. Für Pezzei ist das Schöne an der wissenschaftlichen Arbeitsweise das selbstständige Voranschreiten und die Weiterentwicklung der Erkundung, denn eine Frage wirft wiederum neue Fragen auf und deren Ausarbeitung ist die Motivation, die die Fotografin antreibt. Pezzei‘s Arbeiten wurden bereits mehrfach ausgestellt und in Magazinen wie 33% Das Waldmagazin, dogs, Bayern’s Bestes publiziert sowie auf GEO online veröffentlicht. Mehr über Viktoria Pezzei könnt Ihr auf ihren sozialen Kanälen finden sowie auf ihrer Website www.viktoriapezzei.com.