Seit kurzem haben wir uns dazu entschlossen, dass wir auch Beiträge von Gastautoren auf unserer Website präsentieren möchten. Deshalb freuen wir uns, dass wir euch heute einen brandaktuellen Bericht von Martin Friedl präsentieren dürfen. Er handelt von Martins Erlebnissen bei den Moschusochsen aus dem kalten Norden von Anfang des Jahres. Viel Spaß beim Anschauen und hinterlasst sehr gerne eure Meinung in den Kommentaren.
“Wie in einem Land vor unserer Zeit”
“Es ist kalt – so richtig kalt ! Der Wind pfeift mir mit mäßigen 100 km/h bei -15° Celcius in das Gesicht und die Sichtweise beträgt nur knappe 20 bis 50 Meter. Ein Blizzard. Mein Unterbewusstsein drängt mir immer wieder die Frage nach dem Sinn in die Gedanken. Ich verdränge dies wieder. Mein Ziel sind die 4 Punkte, die ich nach dem ersten Aufstieg für ca. 15 Sekunden am anderen Ende des Plateau, in einer kurzen Pause des Schneesturms erblickt habe. Die Schneeschuhe fühlen sich heute gut an, die Muskulatur ächzt aber unter den knapp 18kg Ausrüstung und dem schweren Gewand.
Wo bin ich eigentlich hier ? Nun ja – am höchsten Pass in Norwegen nahe der kleinen Ortschaft Hjerkinn im Dovrefjell-Sunndalsfjella Nationalpark, irgendwo mitten in der kargen und harschen Tundra. Hier lebt eine ganz besondere Spezies erzählen mir die Einheimischen und das Schild am Beginn des Nationalparks lässt vermuten, dass dies nicht nur Mythen sind. Es sollen martialische Tiere von der Größe eines Büffels sein – echte Relikte der letzten Eiszeit. Ich bin also auf der Suche nach Moschusochsen mitten im harten norwegischen Winter.
Mittlerweile habe ich weitere 3 Kilometer hinter mich gebracht – zumindest fühlt es sich so an. Um mich herum nur ein White-Out. Das Navigationssystem hilft aber die Richtung zu halten. Auf einmal taucht ein großer Stein auf vor mir. Ich freue mich schon, dass könnte der erste Moschusochse sein. Mein norwegischer Guide Even Agerup aus Dovrefjell meint im ersten Moment nur schmunzelnd „Another Musk-Rock – Sorry Martin !“…
Doch er sollte sich irren – frei nach dem Motto – „If it moves, it’s a Muskox !“ kontere ich erleichtert, dass sich die Qual des Zustieg gelohnt hat. Immerhin sind wir nun bei 700 Höhenmetern angelangt…
Was nun kommt sind wunderbare Stunden in sicherer Distanz zu den 4 männlichen Böcken, mit wunderbaren Erinnerungen und Bildern. Die folgenden Tage sollte sich dieses Erlebnis bei unterschiedlichen Lichtstimmungen und verschiedensten kleinen Herden wiederholen, die Zustiege in die verschiedensten Winkel des Nationalparks sollten aber nicht minder anstrengend sein – der Blizzard bleibt, nur mit unterschiedlichen Ausprägungen.
Wie ich diese Tiere das erste Mal gesehen habe, war ich von deren imposanten und großen Erscheinung sehr erstaunt, sind diese Tiere doch eigentlich der Gattung der Ziegen zuzuordnen. Nur sind sie so groß wie ausgewachsene Bisons oder Wisent. Das Jahr über streifen die Böcke in kleinen Herden durch den Nationalpark, die weiblichen Moschusochsen bilden mit dem Nachwuchs auch kleine Gruppen und leben so getrennt von Ihren Männern. Erst im Herbst, wenn die Paarungszeit beginnt, treffen die Herden aufeinander und die finalen Kämpfe der Böcke werden ausgetragen. Ein Spektakel ähnlich wie bei den Steinböcken, aber auf ebener Erde mit 100m Anlauf.
So frei das Leben im Fjell auch sein mag – tauschen will ich mit den Tieren nicht. Als Nahrung dient lediglich Moos und Flechten – Sommer wie Winter. Daher bewegen sich die Tiere nicht viel. Phasen von Ruhe und Nahrungsaufnahme wechseln sich ab. Im Winter verlieren die Tiere daher manchmal bis zu 30% Ihres Gewichts, wenn der Boden tief unter Eis begraben liegt. Den Gewichtsverlust gilt es wieder und wieder im Sommer aufzuholen. Bis zu 15 Jahre wird so ein Moschusochse alt. Feinde hat er durch seine Größe keine mehr – der Säbelzahntiger ist ausgestorben und bei den Wölfen tut der Mensch in Norwegen gerade das seinige dazu, um dies zu erreichen.
Trotzdem trauen die Moschusochsen dem Menschen nicht – wer den Böcken, aber auch den Geißen zu nahe kommt, muss damit rechnen auch angegriffen zu werden. Es ist daher wie immer – Respekt den Tieren gegenüber zu bringen und somit auch sichere Distanz zu wahren um nicht störend einzugreifen. Dies sollte auch das Kredo eines jeden Naturfotografen sein.
Es waren anstrengende Tage, mit leichten Erfrierungen, einzigartigen Erfahrungen und überwältigende Erinnerungen.
Im Herbst bin ich wieder da – diesmal im norwegischen Herbst mit all seinen Farben und hoffentlich positiven Temperaturen !”
Martin Friedl ist seit mehreren Jahren begeisterter Naturfotograf und sehr gerne in den Bergen unterwegs. Tiere in freier Wildbahn zählen zu seinen bevorzugten Motiven. Doch auch die Landschaft lichtet er mit seiner Kamera auf seinen Reisen ab. Ich persönlich hatte schon mehrmals das Vergnügen gemeinsam mit Martin in der Wildnis unterwegs gewesen zu sein. Der Spaß kam dabei niemals zu kurz und es waren stets aufregende Touren. Mehr Aufnahmen von Martin findet ihr auf seiner Instagram-Seite.
Sehr interessanter Bericht und tolle Fotos!
Vielen Dank Gernot! Wir werden dein Lob an den Autoren weiter leiten. LG Arnold von 4NP
Beeindruckend, welche Strapazen du in deinem hart verdienten Urlaub in Kauf nimmst, um solch tolle Bilder und Erfahrungen zu machen. Die Bilder sind sehr beeindruckend und faszinierend mit dieser einzigartigen eisigen Landschaft. Wir freuen uns schon auf deine nächsten Bilder. Ganz liebe Grüße Sonja und Dirk
Danke Sonja und Dirk 🙂 Martin wird sich über eure Rückmeldung sehr freuen. LG Arnold von 4NP
Dafür das ich eigentlich zur zufällig hier herein gestolpert bin, sehe ich mich inzwischen relativ oft um. Immer wieder komme ich auf die Seite der Gastautoren und im besonderen auf den Bericht und die wunderbaren Bilder von Martin Friedl zurück. Hier werden wir in eine andere Welt entführt, in die wir sonst niemals kommen würden. Dafür kann ich einfach nur, Danke, sagen uns fasziniert der Bericht und die Bilder sehr.