Marc Graf und Christine Sonvilla sind professionelle Naturfotografen, Filmer und Autoren mit Universitätsabschlüssen in Naturschutzbiologie (Marc & Christine) sowie Germanistik (Christine), deren Arbeiten bereits mehrfach international ausgezeichnet wurden.

Ihr Hauptaugenmerk gilt der Dokumentation von Wildlife- und Naturschutzthemen. Ihr Spektrum reicht dabei von Arabischen Oryxantilopen im Oman über wilde Bergrentiere in Norwegen, Alligatoren und Pumas in den Florida Everglades bis hin zu Wildtieren in Städten und großen Raubtieren in Mitteleuropa. Seit mehreren Jahren verfolgen sie das Artenschutzprojekt „LEBEN AM LIMIT, wobei sie die Limits, sprich die Herausforderungen aufzeigen, mit denen insbesondere große Raubtiere in unseren Breiten zu kämpfen haben. 

Ihre Foto-Geschichten sind bisher u. a. in National Geographic, BBC Wildlife Magazine, Terra Mater oder Terre Sauvage erschienen. Sie filmen für TV Produktionen (Naturdokus für ORF, ARTE, ZDF) und produzieren außerdem Kurzfilme und Imagetrailer für Nationalparks, Naturschutz- und Wissenschaftsinstitutionen.

Christine, geboren 1981 und Marc, geboren 1983 haben sich zum Ziel gesetzt, den Anliegen der Natur, die letztlich unsere eigenen sind, wieder verstärkt Gehör zu verschaffen. Sie leben gemeinsam in Mürzzuschlag in der Steiermark.


 

4NP: Hallo Christine und Marc, ich freue mich, ein Interview mit euch zu haben. Ich finde eure Langzeitprojekte ziemlich genial. Doch erzählt mal, wie nahm alles seinen Anfang mit der Fotografie und wie seid ihr zueinander gekommen?
Christine: Wir kennen uns seit dem Ende unseres Biologiestudiums und haben rasch gemerkt, dass wir ähnliche Interessen und Visionen von unserem Berufsleben haben. Marc hat zu diesem Zeitpunkt schon intensiv fotografiert, ich habe durch Kurse wie „Wissenschaftlicher Film & Fotografie“ an der Uni diese Werkzeuge für mich zu entdecken begonnen. Und gemeinsam haben wir sukzessive mit Foto- und in der Folge auch Filmprojekten gestartet.  

4NP: Ich finde bei meinen Workshops die Herangehensweise von Männern und Frauen unterschiedlich. Natürlich kann man das nicht verallgemeinern. Aber seht ihr das auch? Ergänzt ihr euch gegenseitig?Christine: Für die Fotoschule Gesäuse habe ich mehrere Jahre lang das „Ladies Weekend“ geleitet, ein Fotokurs von Frau für Frau. Ich fand die Stimmung bei diesen Kursen immer sehr angenehm und entspannt, könnte aber selbst nicht genau definieren, ob es einen Unterschied bei der Herangehensweise ans Fotografieren zwischen Frauen und Männern gibt. Klassischerweise würde man vielleicht annehmen, dass Frauen weniger technikinteressiert sind, das kann ich so aber nicht unterschreiben. Es gibt aber vermutlich – unabhängig vom Mann- oder Frausein – mehr eine weibliche und männliche Herangehensweise. Männlich ist für mich ein zielorientierteres auf Output-fokussiertes Fotografieren und weiblich ist für mich ein ergebnisoffeneres Fotografieren, das mehr Raum für Unvorhersehbares lässt. Ich selbst und ich schätze viele andere Fotografen, gleich ob männlich oder weiblich, nutzen beide Herangehensweisen alternierend und unterschiedlich gewichtet, je nach Situation und Bedarf. 


4NP: Ich finde eure Projekte einfach total spannend. Obwohl es viele gerne würden,  schaffen es nur wenige Fotografen so projektbezogen zu arbeiten und dazu noch für den Naturschutz. Neben eurem Buch „Unter wilden Bären“ erschien als letztes „Das wilde Herz Europas“ Wollt ihr uns darüber etwas erzählen.
Christine: „Das wilde Herz Europas“ ist uns tatsächlich ein Herzensanliegen. Mit unserem Projekt „Leben am Limit“ sind wir Partner von Rewilding Europe, einer Organisation, die sich darum bemüht, dass Europa wieder wilder wird. Und genau darum geht es auch uns. Wir haben für unser Buch wilde Flecken in Mitteleuropa aufgesucht, um zu zeigen, dass es diese – wenn auch nur mehr vereinzelt – nach wie vor gibt und dass sie wichtige Ausgangspunkte für ein wilderes Europa sein können. Denn von diesen wilden Ecken kann sich die Artenvielfalt wieder ausbreiten, vorausgesetzt wir lassen das zu. 

Marc: „Große Raubtiere – Luchs, Bär und Wolf – spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie brauchen zwar selbst keine unberührte Natur, stoßen aber eine Reihe von ökologischen Prozessen an, die wieder zu mehr Wildnis und zu mehr Stabilität in unseren Ökosystemen führen können. Über all das und vieles mehr handelt unser aktuelles Buch und bemüht sich dabei, sowohl spannende Bilder als auch interessante Inhalte zu vermitteln.“

4NP: Warum habt ihr euch damals für Bären entschieden. Was begeistert euch so an diesen Tieren?
Marc: „Naja wir haben 2015 begonnen uns intensiv mit Großraubtieren auseinanderzusetzen. Da gehören Bären einfach dazu. Das geniale an den mitteleuropäischen Bären war vor 6 Jahren halt auch, dass noch niemand intensiv an ihnen gearbeitet hat. Was uns gewundert hat, ist Sloweniens Bärenpopulation doch eine der dichtesten der Welt. Also in direkter Umgebung zu unserer Heimat gab es unzählige Bären, damals auch noch keinen Bärenfototourismus und ein gerade frisch angelaufenes EU Life Projekt zum Thema Bär – Mensch.

4NP: Viele eurer Bilder entstehen mithilfe von Fotofallen. Könnt ihr in kurzen Zügen die Technik erklären und worin seht ihr hierbei den Vorteil? Ich persönlich sehe ja auch Fotos als Erinnerung aber bei solchen Aufnahmen wart ihr ja eigentlich nicht dabei. Ist das für euch dennoch so wertvoll?
Marc: „Uns hängt sehr viel an Fotos, die eine ganze Thematik auf einmal erzählen können. Das braucht meist Weitwinkel. Und Wildlife und Weitwinkel ist halt nicht immer aus der Hand umzusetzen. Daher kommt letztlich auch unsere Affinität zu den DSLR-Kamerafallen. High-Res ganz nah dran zu sein und im Hintergrund noch eine ganze Geschichte erzählt zu bekommen, ist halt schon was Cooles. Für uns sind eigentlich genau diese Bildideen die wertvollsten und somit darf da ruhig der Bewegungsmelder für uns auslösen. Wir nützen dafür also stets DSLR Kameras, Weitwinkel Objektive, wenn notwendig Blitze und Bewegungsmelder oder Infrarotauslöser.

4NP: Wie geht ihr an eure Projekte ran? Habt ihr ein paar kurze Ratschläge für unsere Leser, wie man Bildserien von Anfang an gut umsetzen kann?
Christine: „Zunächst braucht es ein konkret umrissenes Projekt, das man umsetzen möchte. Am besten man nimmt sich einer Thematik an, die einem besonders am Herzen liegt. Als nächstes gilt es zu überlegen, welche 6 bis 10 Bilder diese Geschichte – quasi ohne Worte – erzählen könnten. Welches sind meine Hauptbilder, die im Idealfall die ganze Thematik in einem Bild wiedergeben? Und welches sind meine „ergänzenden Bilder“, die ein breiteres Verständnis für das Thema liefern?“

Marc: „Will man mit einer Bildserie auch Aufmerksamkeit bekommen und es nicht nur für einen selbst umsetzen, dann ist für mich das wichtigste Argument abzuklären, ob schon etwas zu der jeweiligen Thematik produziert wurde. Wenn ja, dann ist es für mich meist nicht mehr so interessant.“

4NP: Was sind eure nächsten Pläne auf was dürfen wir uns bei euch in Zukunft freuen?

Marc: „Zur Zeit arbeiten wir intensiv an einer TV Produktion. Das wird uns noch einige Zeit voll und ganz beschäftigen. Die großen und kleinen Raubtiere Mitteleuropas bleiben aber auch weiterhin auf unserer Fotoagenda. Auch dazu wird es wieder Neues von uns geben.“

Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für dieses Interview genommen habt. Ich wünsche euch weiterhin viele schöne Begegnungen in der Natur. Ich bin gespannt, was ihr uns in Zukunft zeigen werdet und wünsche weiterhin eine wunderschöne Zeit!

Webseite: www.sonvilla-graf.com
Facebook: MarcMGraf & christine.sonvilla
Instagram:@grafmarcphotography @christinesonvilla

 

 

 

Interview wurde geführt von:

Sven Herdt

 

www.svenherdt.com

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