Hermann Hirsch ist professioneller Fotograf, Autor und bekennender Naturliebhaber aus Florstadt in Hessen. Der gelernte Tischler findet seine Motive zum größten Teil unmittelbar vor der eigenen Haustüre. Kurze Wege zu seinen Fotolocations ermöglichen es ihm, langjährige Projekte über bestimmte Gebiete und Tierarten umzusetzen. Als zurückhaltender Gast im Lebensraum der Tiere gelingen ihm dabei Fotos auf Augenhöhe. Er zeigt teils abstrahierte Einblicke mit neuartigen Perspektiven in heimische, oft übersehene Lebensräume. Durch seine Experimentierfreudigkeit verbindet er unterschiedlichste Genres der Fotografie und kreiert auf diese Weise einen eigenen, neuartigen Bildstil, der es ihm ermöglicht, das Besondere im Alltäglichen zu finden. Trotz seines jungen Alters erzielte Hermann bereits wiederholt Erfolge bei nationalen und internationaler Naturfotowettbewerbe. Er ist somit bereits sehr bekannt unter Naturfotografen…


4NP: Hallo Hermann ich freue mich über das Interview. Du bist ein junger doch schon sehr erfolgreicher Naturfotograf. Wie nahm bei dir das Ganze seinen Anfang?

Die Antwort auf diese Frage breche ich immer ziemlich stark herunter und sage: Die Liebe zur Natur kam durch meine Mutter, die Begeisterung zur Fotografie durch einen Nachbarn, der mir während einer Gartenfeier seine Spiegelreflexkamera lieh. Tatsächlich war der Prozess zum Naturfotografen deutlich langsamer und weniger vorhersehbar als es sich anhört. Von Kindesbeinen an verbrachte ich zusammen mit meiner Familie jede freie Minute in der Natur. Reisen nach Nordskandinavien waren schon damals so prägend für mich, dass ich mich noch immer intensiv daran erinnere. Durch den Beruf meiner Mutter, die sich als Waldpädagogin selbstständig gemacht hat, wurde mir auch unabhängig von Reisen sehr eindrücklich gezeigt wie wichtig und zugleich sensibel die Natur bei uns zuhause ist. Dieses Interesse bestand also schon ganz unabhängig von der Fotografie. Letztere kam erst im Alter von 14 Jahren und mehr oder weniger durch einen Zufall hinzu. Auch fotografierte ich zunächst nichts in Sachen Natur, sondern eher planlos alles um mich herum: Freunde beim Sport, Feiern jeglicher Art und hier und da mal eine Blume. Es dauerte etwas bis sich meine beiden Leidenschaften überkreuzten und eine Symbiose eingingen, die nun 10 Jahre später, noch immer besteht.

4NP: Wenn man dein  Portfolio betrachtet stellt man schnell fest, dass deine Tieraufnahmen weit über die normale Dokumentation hinaus gehen. Ich würde sagen jedes Bild ist ein kleines Kunstwerk. Wie ist dabei deine Herangehensweise? 

Eine bestimmte Herangehensweise zu beschreiben fällt mir immer schwer. Zu unterschiedlich sind die Tiere, Themen und Umgebungen. Ein gemeinsamer Nenner ist aber sicherlich der Faktor Zeit. Fast alle Bilder die ich selber sehr mag sind an Orten entstanden die ich über einen langen Zeitraum immer wieder besucht habe. Je mehr Zeit ich in einem Gebiet oder mit einer bestimmten Tierart verbringe desto mehr Bildideen habe ich. Außerdem lernt man unglaublich viel über Abläufe in der Natur, die es einem wiederum ermöglichen Begegnungen zu antizipieren und zu nutzen. 

4NP: Genau zu diesen Thema hast du zusammen mit Karsten Mosebach ein Buch heraus gegeben. Dieses steht auch bei mir Zuhause im Regal und ich finde es sehr informativ. Der Titel lautet „Gute Fotos, harte Arbeit“. Kannst du uns kurz etwas zu diesen Buch erzählen? 

Die Idee des Buches entstand auf einem Workshop. Karsten und ich merkten immer wieder, dass unsere Teilnehmer es äußerst spannend fanden, wenn wir Bilder zeigten, welche nichts geworden sind. Besonders wenn sie Zwischenschritte auf dem Weg zu einem guten Foto zeigten. „In den Fotolehrbüchern sieht man ja immer nur die fertigen Bilder“ hieß es immer wieder. Wir machten uns also auf und erarbeiteten, gemeinsam mit dem fotoforum-Verlag ein Buch, welches auch die schlechteren Bilder zeigt, die auf dem Weg zu einem guten entstehen. Wir hoffen so dem Leser näher bringen zu können, wie wir unsere fertigen Motive entwickeln und außerdem Mut machen zu können bei mangelhaften Bildergebnissen nicht gleich die Flinte ins Korn werfen zu wollen.

4NP: Viele Leute glauben ja in der Stadt ist Naturfotografie kaum möglich. Doch du beweist mit Sicherheit das Gegenteil. Viele deiner Bilder entstehen in Dortmund und naher Umgebung. Man muss eben nicht immer weit fahren für geniale Aufnahmen. Es ist so viel möglich direkt vor der Haustüre. Was bekommst du in deiner Heimat alles vor die Linse? Was sind deine persönlichen Highlights?

Ich denke, dass gerade mein Aufwachsen in der Stadt förderlich für das Interesse an der Natur war. Man wird in Städten wie Dortmund natürlich nicht von der Wildnis „angesprungen“ wie in anderen Teilen Deutschlands. Trotzdem, Natur gibt es überall und diese genau in der Großstadt, nur wenige Meter von der nächsten Siedlung oder Straße aufzutun, bereitet mir noch immer eine große Freude. Flussregenpfeifer auf alten Industriebrachen, Fuchsbauten an Bahndämmen, Igelfamilien in Kleingartenvereinen und Eulen auf Friedhöfen stellen nur einen kleinen Ausschnitt des Tierportfolios da. Auch haben die Tiere hier häufig eine geringere Fluchtdistanz, da sie ohnehin schon an den Geruch und Anblick von uns Zweibeinern gewöhnt sind. Rehwild etwa ist um ein Vielfaches einfacher in einem urbanen Umfeld zu fotografieren als in einer mehr ursprünglichen Umgebung.

4NP: Aber natürlich bist auch du immer wieder mal auf Achse. So hattest du auch länger bei Fred Bollmann in der Feldberger Seenlandschaft mit gearbeitet wenn ich mich richtig erinnere. Wie kamst du dazu? Was war dabei deine Aufgabe? 

An Fredi wurde ich von meinem Kumpel Kevin Winterhoff vermittelt. Dieser war selber für ein FÖJ vor Ort und kannte Fredi schon länger. Als ich das erste Mal dort war habe ich mich direkt in die Landschaft verliebt. Diese ist so viel wilder und artenreicher als meine Heimat. Durch die jahrelange Vorarbeit von Fredi waren nahe Begegnungen mit wilden Tieren außerdem sehr schnell herbei zu führen. Ich bewarb mich für ein Praktikum und wurde genommen. Vor Ort war ich für Fredi unterwegs und suchte nach Tieren und Möglichkeiten für Naturfotografen an sie heran zu kommen. Parallel hatte ich glücklicherweise viele Möglichkeiten zum fotografieren. Eine tolle Zeit, an die ich gerne zurück denke!

4NP: In der Feldberger Seenlandschaft hast du auch dein wohl erfolgreichstes Bild eines Seeadlers aufgenommen. Diese gewann sogar den „Wildlife Photographer of the year“. Kannst du uns etwas zur Entstehung dieses Bildes erzählen.

Wer Fredi kennt, der kennt auch „seine“ Adler. Seit Jahren fährt Fredi mit seinem Boot „Flotte Luzi“ raus auf den Breiten Luzin, wirft tote Fische aus und lockt so Seeadler an, die sich ausgiebig vom Boot fotografieren oder filmen lassen. Ein Vorteil meiner Arbeit bei Fredi war, dass ich, sobald Platz auf dem Boot frei war, mitfahren durfte wann immer ich wollte. Eine Chance die ich mir selten habe entgehen lassen. Bereits nach wenigen Ausfahrten begann ich mit dem Majestätisch auf die Wasseroberfläche zugleitendem Vogel zu experimentieren. Besonders mit langen Belichtungszeiten und einem großen Tele versuchte ich immer wieder die Bewegung des Adlers einzufangen. Nach einigen Ausfahrten und noch viel mehr unscharfen Bildern bekam ich dann endlich was ich mir vorstellte. Ein Bild des Adlerkopfes der durch die verwischten Schwingen so gerade noch zu erkennen ist.

4NP: Vielen Dank Hermann dass du dir für dieses Interview Zeit genommen hast. Ich denke das war sehr informativ für unsere Leser. Wünsche dir eine gute Zeit und weiterhin tolle Erlebnisse in der Natur!

Website: www.hermannhirsch.com

FB: Hermann Hirsch Naturfotografie

IG: hermannhirsch

 

 

 

 

 

 

Text & Bilder:

Sven Herdt

 

www.svenherdt.com

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