Text von Arnold Schaffer / Alle Fotos Copyright: Felix Wesch

In diesem Interview stellen wir euch Felix Wesch einen langjährigen Naturfotografen aus Marburg vor!

Geboren 1980 in Heidelberg, beschäftigt sich Felix bereits seit 2001 intensiv mit der Naturfotografie. Felix sagt über sich selbst: “Damals galt mein Hauptinteresse noch dem Festhalten von Wetterphänomenen. Schnell hat sich dieses Interesse dann gewandelt. Vor allem meine schon immer bestehende Faszination für alpine Berglandschaften brachte mich zur Landschaftsfotografie. Inzwischen hat sich mein naturfotografischer Tätigkeitsbereich allerdings gewandelt. Die “großen” Motive finde ich persönlich zwar spannend, fotografisch reizen sie mich allerdings meistens nicht so. Mein Interesse gilt mehr den Kleinoden in meiner direkten Umgebung”

Ganz nach diesem Motto, ist Felix vor allem in der Gegend rund um Marburg, also mehr oder weniger direkt vor seiner Haustüre beim Fotografieren anzutreffen. Seit gespannt auf reduzierte Landschaftsaufnahmen, Schwäne im Nebel und wild wachsende Orchideen im schönsten Licht!

Das Interview mit Felix

4NP: Herzlichen Dank Felix, dass du dich für das Interview mit uns bereit erklärt hast. Magst du uns ein wenig davon erzählen, wie du zur Naturfotografie gekommen bist? Seit wann beschäftigst du dich mit der Fotografie, wie hat eigentlich alles bei dir begonnen?

Felix: Gerne! Freue mich, dass ich ein bisschen was erzählen darf!

Zur Naturfotografie im eigentlichen Sinne bin ich während meiner Jahre in Wien gekommen. Damals bin ich mehr oder weniger zufällig über die Lobau gestolpert und konnte dann irgendwann gar nicht mehr aufhören mich fotografisch dort auszutoben. Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich an sich auch dort angefangen richtig zu fotografieren. Also gelernt, auf die Dinge zu achten, die beim Fotografieren abgesehen vom Motiv wirklich wichtig sind: Bildaufbau und Licht (und damit auch Wetter).

Meine fotografischen Anfänge liegen aber noch etwas weiter zurück. Früh in der Kindheit (Ende 80er / Anfang 90er Jahre) hatte ich eine Kodak Instamatic, welches Modell weiß ich nicht mehr, sie müsste aber sogar noch irgendwo hier bei mir rumliegen. Die Kamera hat zumindest mal mein Interesse an der Fotografie geweckt und ich habe mit ihr sogar mein erstes Orchideenfoto (ein Pyramiden-Hundswurz, mittig im quadratischen Bild, überhaupt nicht freigestellt und bei schlechtem Licht 😉 ) gemacht.

Dann gab es eine längere Pause und irgendwann – im Jahr 2001 war es glaub ich – haben meine Eltern eine Canon Powershot A20 gekauft. Die hatte ich dann recht schnell für mich vereinnahmt. Mein Interesse galt zu der Zeit allerdings mehr der Fotografie von Wettererscheinungen als der Naturfotografie. Seit damals allerdings habe ich dann nicht mehr aufgehört zu fotografieren. Und dann kam eben Wien mit der Lobau…

Felix Wesch bei der Arbeit am See

4NP: Du bist ja jemand der dafür bekannt ist am liebsten vor der eigenen Haustüre zu fotografieren. Was hat dich dazu bewogen? Und welche Vorteile siehst du darin? Schweifst du auch manchmal in die Ferne, oder fotografierst du ausschließlich nur in nächster Umgebung?

Felix: Hmm. Interessante Frage. Damals in Wien war es ziemlich naheliegend. Da lag ja so viel Spannendes direkt vor der eigenen Haustüre. Da sah ich jetzt gar nicht so sehr die Notwendigkeit öfter in die Ferne zu schweifen. Jetzt, wo ich hier in Marburg lebe, war‘s anfangs eher frustrierend, dass diese ganzen spannenden Gebiete nicht mehr da waren. Eigentlich war es sogar so, dass ich mich hier naturfotografisch ein bisschen eingesperrt gefühlt habe. Nicht falsch verstehen, die Gegend hier bietet auch viel. Aber im Vergleich zu vorher war‘s schon eine Umgewöhnung. Erst recht, weil ich am Anfang versucht habe hier vom Stil her ähnliche Fotos zu machen wie vorher in Wien. Also am liebsten weitwinklige Wiesenlandschaften bei Sonnenaufgang mit etwas Nebel. Das musste in einem Reinfall enden.

Jetzt wäre es natürlich möglich gewesen öfter mal ein bisschen weiter zu fahren um ähnliche Motive wie früher zu fotografieren. Aber erstens wäre das finanziell schnell aufwendig geworden und zweitens fand ich es schon immer bisschen ärgerlich, dass bei solchen Trips in die nähere Ferne (oder fernere Nähe) oft das Wetter dann doch nicht genau das brachte, was ich mir erwartet hätte.
Das ist für mich übrigens auch der große Vorteil am Fotografieren (mehr oder weniger) direkt vor der eigenen Haustüre: Ich kann viel besser einschätzen wie das Wetter vor Ort ist (weil ich halt schon vor Ort bin 😉 ) und dazu noch viel spontaner auf spezielle Wetterbedingungen reagieren (Nebel oder Schneefall z.B.). Zusätzlich wird man auch irgendwie zum Spezialisten vor Ort und lernt Gebiete kennen, die sonst niemand so fotografiert.
Und weil man eben auch nicht lange unterwegs ist um vor Ort zu sein, hat man auch die Möglichkeit auf die wirklich perfekten Bedingungen für das jeweilige Motiv zu warten. Das geht natürlich auch in der Ferne, ist aber dann doch viel mehr Aufwand (also wenn man halt auf die wirklich perfekten Bedingungen aus ist) und – zumindest für mich – ohne direkten „Auftrag“ (also ein richtiges Projekt z.B.) eigentlich fast nicht zu rechtfertigen.

Das soll aber jetzt nicht heißen, dass ich nicht auch mal in der Ferne unterwegs bin. Wobei sich das fotografisch momentan eher Orchideen beschränkt. Für die Zukunft habe ich aber auch ein paar – naja eher einen – Plan, der es wohl unmöglich macht nicht auch mal in der Ferne „richtig“ zu fotografieren…
Was ich allerdings immer wieder ganz nett finde: Einfach um mal wieder den Kopf richtig frei zu kriegen, ist ein kurzer Trip in die Alpen. Nur Berge und Natur. Das hilft manchmal einen Komplettreset durchzuführen und die Akkus wieder aufzufüllen.

Felix findet seine Motive oft in nächster Nähe von seinem Wohnort

Nicht immer sind weite Reisen für großartige Naturfotos notwendig. Auch die Tierwelt vor der eigenen Haustüre kann sehr spannend sein!

4NP: Deine Fotos haben einen sehr interessanten Stil, sind reduziert auf das Wesentliche, hell oder dunkel gehalten und teilweise auch minimalistisch – eine erfrischend andere Art der Naturfotografie. Magst du uns davon erzählen wie sich dieser Bildstil entwickelt hat und was dir so gut daran gefällt?

Felix: Dankeschön! Ich bin mir gar nicht so ganz sicher wie sich meine Fotos in die Richtung entwickelt haben. Meine bisher beste Theorie ist allerdings, dass sich der Stil durch eine Kombination aus: „Beschränkung aufs Fotografieren in meiner direkten Umgebung“ und „Verlangen nach Fotos, die nicht so ‚direkt‘ sind“ entwickelt hat. Mit nicht so „direkt“ meine ich vor allem, dass ich gemerkt habe (auch beim Betrachten von Fotos anderer Leute), dass ich meistens eher die Fotos ansprechend finde, die mehr Interpretationsspielraum lassen ohne direkt ins komplett Abstrakte zu gehen. Also etwas subtilere Bilder. Nicht so „knallig“. Und ein nicht unwichtiger Punkt dabei ist das eher Kontrastarme. Sei es eben eher alles hell oder eher alles dunkel. Nicht zu vergessen: Der Nebel. Mein bester Freund hier in Marburg. 😉 Jedenfalls mag ich es, wenn mir Fotos nicht direkt „ins Gesicht springen“.

Eine typische Fotoaufnahme von Felix – reduziert und hell gehalten

Ähnliches Motiv aber dunkel gehalten

4NP: Du bist ja Spezialist in der Pflanzenfotografie und gibst auch Makrofotografie Workshops. Welche Tipps magst du Anfängern verraten um schnell zu besseren Ergebnissen zu kommen?

Felix: Lustig, ich sehe mich inzwischen gar nicht mehr so als Spezialisten in der Pflanzenfotografie an. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass ich, wenn ich keine Orchideen hier in der Umgebung hätte, gar keine Pflanzen mehr fotografieren würde. Aber: Zum Glück gibt es ja auch hier in der Umgebung eine gute Auswahl an wildwachsenden Orchideen… 😉

Was die Tipps betrifft (bezogen auf die Fotos, die ich von Orchidee am liebsten mag). Vier auf jeden Fall nicht unwichtige Dinge sind folgende:

1.) Ab nach unten mit der Kamera! Also richtig nach unten. Das Objektiv muss direkt am Boden liegen! Wohl dem, der ein Schwenkdisplay hat… Wenn die Kamera nach dem Fotografieren nicht dreckig ist, war sie nicht weit genug unten. 😉

2.) Lange Brennweite und offene Blende verwenden! Fast alle meiner Fotos mache ich mit 135mm Brennweite bei Blende 2.0 (auf Kleinbild bezogen entspricht das in meinem Fall 270mm mit Blende 4.0). Da lassen sich die Pflanzen – wenn sie denn gut stehen – schön freistellen.

3.) Abschatten! Nicht nur bei Sonnenaufgang (oder Sonnenuntergang) entstehen meiner Meinung nach die besten Fotos, wenn das Licht der tiefstehenden Sonne die Pflanze nicht direkt erwischt, sondern nur ihre Umgebung. Praktisch ist, wenn man jemanden dabei hat, der die Pflanzen genau nach den eigenen Wünschen abschattet. Alternativ tut‘s aber auch ein Stativ mit Reflektor dran oder ähnliches.

4.) Eher hell belichten.

Mit etwas Glück was den Standort der Pflanze (man kann einfach nicht jede Pflanze richtig gut fotografieren) und die Aufnahmeposition betrifft, entstehen so recht einfach ziemlich edle Fotos.

Und übrigens: Schlechtes Wetter eignet sich hervorragend um im Wald Orchideen zu fotografieren. Viel Grün!

Für seine Makroaufnahmen legt sich Felix auch bei schlechten Wetter gerne einmal auf den schmutzigen Boden – hier das Ergebnis!

4NP: Zu deinem Blog den du ja vorbildlich sehr regelmäßig führst. Darin kommen sehr häufig Berichte und Fotos von Schwänen vor. Hast du eine besondere Beziehung zu diesen Tieren? Was bewegt dich diese Tiere so häufig abzulichten?

Felix: Die Beziehung hat sich über die Jahre hier in Marburg so entwickelt. Das kommt von der von Dir am Anfang erwähnten Liebe zum Fotografieren vor der eigenen Haustüre. Bei meinen Touren hier habe ich gemerkt, dass an den Baggerseen fast immer Schwäne anwesend sind. Und weil ich mich des häufigen Nebels wegen eh oft dort an den Seen aufgehalten habe, führte eins zum anderen. Mit der Zeit sind sie dann zu meinem Lieblingsprojekt geworden.

Höckerschwäne sind einfach ein sehr dankbares Motiv: Nicht zu scheu, schön groß und einfach fotogen (sowohl vom Aussehen, als auch vom Verhalten her). Gerade auch wenn man sie in die neblige Landschaft mit einbezieht. Einfach edel. Es ist fast eine Sucht bei mir inzwischen. Ich hoffe jedes Mal wenn ich vor Ort bin, dass die Schwäne anwesend sind und Wetter (Nebel) und Licht passen um das bestmögliche Foto zu machen. Jedes Mal aufs Neue. Schon fast krankhaft. 😉

Mit ein Grund dafür, wieso ich sie so spannend finde ist folgender: Ich habe schon öfters Fotos von Polarwölfen (da gibt es einen genialen Bildband von Vincent Munier: „Arctique“) und Polarfüchsen im Schnee gesehen. Auch von Mandschurenkranichen und Singschwänen. Allen gemein: Weiße Tiere im weißen Schnee. Blöderweise gibt es diese wunderbaren Tiere hier nicht (bis auf Singschwäne, die sich ganz selten vereinzelt hierher verirren). Da lag es einfach nahe so oft wie möglich Höckerschwäne im Schnee zu fotografieren. Und seit das richtig geklappt hat (vielen Dank gebührt dem immer wieder extrem kurzen Winter hier in der Gegend 😉 ), bin ich sowieso hin und weg was die Höckerschwäne betrifft.

Blöderweise sind sie aber nicht nur im Schnee gut, auch im Nebel machen sie einfach zu viel Spaß… Mein absolutes (selbstgemachtes) Lieblingsfoto ist auch eines von Schwänen im Nebel.


Das aktuelle Lieblingsfoto von Felix

4NP: Welche Projekte sind in nächster Zeit bei dir geplant? Gibt es neue Ausstellungen oder steht vielleicht doch eine Reise am Plan um neue Regionen fotografisch zu erkunden?

Felix: Hmm… Was die Projekte betrifft, da will ich auf jeden Fall die Sache mit den Schwänen weitertreiben. Das ist auch mit der Grund dafür, dass ich vielleicht doch mal in die Ferne schweife. Etwas blümerant gesprochen: Ich höre den Ruf der Singschwäne (seit ich mal welche im Zoo gesehen habe vielleicht auch den der Trompeterschwäne, die sind mit ihrem schwarzen Schnabel auch gleich noch ein bisschen minimalistischer für die Fotos 😉 ). Allerdings bin ich was das betrifft noch in einer eher frühen Planungsphase was das „Wo“ und „Wie“ betrifft. Jedenfalls werden Schwäne vermutlich einen großen Teil meines Hauptinteresses in der näheren Zukunft haben.

Ausstellung ist momentan keine in Planung, aber da kommt sicher auch wieder was in der Zukunft. Würde gerne mal eine Outdoor-Ausstellung machen, direkt dort, wo die Fotos entstanden sind.

Ansonsten lasse ich es einfach auf mich zukommen. Was aber auf jeden Fall sicher ist: Dieses Jahr muss ich wieder in die Alpen. Einfach mal um den Kopf wieder freizubekommen, gemütlich Landschaften zu fotografieren und mal wieder etwas anderes zu sehen! Und Schneefall brauche ich… Nicht nur für die Schwäne. Schneefall und Schnee sind einfach gut.

4NP: Vielen Dank Felix für das interessante Interview. Wir wünschen dir weiterhin viele schöne und spannende Fotoerlebnisse und freuen uns darauf neue Fotos von dir zu sehen!

Felix: Vielen Dank! Hat Spaß gemacht. Bis bald!

Wenn du mehr über Felix, seine Fotografie und seine Fotoworkshops erfahren möchtest, besuche einfach seine Webseite oder seinen Blog. Es lohnt sich! Gerne kannst du auch hier Feedback zum Interview geben oder eine Frage an Felix stellen! 

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