Text von Arnold Schaffer
Diese Woche haben wir für Euch den österreichischen Landschaftsfotografen Rainer Mirau im Interview. Rainer wurde 1976 in Wien geboren und arbeitet seit vielen Jahren selbstständig als Fotograf. Neben der kommerziellen Fotografie, betreibt er auch die professionelle Landschaftsfotografie und konnte dadurch einige der schönsten Länder dieser Welt bereisen.
Seid gespannt auf das Interview und erfahrt mehr über den Alltag eines Berufsfotografen!
4NP: Vielen Dank Rainer, dass du dich für das Interview bereit erklärt hast. Wir freuen uns sehr, von einem langjährigen Profifotografen zu erfahren. Wie hat eigentlich alles bei dir begonnen? Wie war deine fotografische Laufbahn? Und seit wann beschäftigst du dich mit der Landschaftsfotografie?
Rainer: Begonnen hat es wie bei vielen von uns in der Jugend. Durch meine Leidenschaft für Nordeuropa und Trekking kam ich zur Landschaftsfotografie. In den 90er Jahren bestaunte ich diverse Bildbände von Norwegen oder Kanada und war fasziniert von den wunderschönen Bildern. Die logische Folge war, dass ich die Kamera meines Vaters (Olympus OM-1) auf meine Touren mit nahm und so infiziert wurde von der Landschaftsfotografie. Während meines Studiums fotografierte ich Mittelformat-Dias, was mir aber als Student zu teuer wurde und das Hobby geriet für ein paar Jahre in den Hintergrund. Erst als die ersten brauchbaren Digitalkameras auf dem Markt kamen (frühe 2000er) leckte ich wieder Blut und seit dem bestimmt die Landschafts- und Reisefotografie meinLeben.
4NP: Du bist seit vielen Jahren erfolgreich hauptberuflich Landschaftsfotograf, was ja nicht immer ganz so einfach ist. Was hat dich in den vielen Jahren dazu bewogen diesen Beruf so kontinuierlich auszuüben? Worin besteht deine Motivation? Hattest du auch schwierige Situationen, in denen du auch daran gedacht hast diesen Beruf aufzugeben?
Rainer: Ich bin etwa zu 50% Landschaftsfotograf und zu 50% kommerzieller Fotograf (Architektur, Event, Portrait). Diese Mischung ist ideal, da ich von keinem der beiden Einkommensquellen total abhängig bin. Ich bin nur 4-6 Wochen im Jahr alleine unterwegs und sonst viel zuhause bei meiner Familie, was ich sehr genieße. Die Motivation ist ganz einfach: ich kann reisen wohin ich will, kann mich dann voll der Fotografie widmen und an den schönsten Orten meine Kamera auspacken. Damit auch noch Geld zu verdienen ist aus meiner Sicht die wunderbarste Tätigkeit, die ich mir vorstellen kann. In den mittlerweile 14 Jahren, in denen ich das selbständig mache, hatte ich nie Zweifel oder Zukunftsangst. Einerseits bin ich fleissig und zielstrebig, andererseits hatte ich vielleicht das Glück einer der ersten zu sein, die die digitale Revolution von Beginn an ausgenützt haben. Ich merke, dass es tendenziell schwieriger wird mit Landschaftsbildern Geld zu verdienen, da immer mehr produziert werden und es technisch immer einfacher wird und wundere mich schon etwas, dass ich immer noch gutes Geld damit verdiene.
Eine meiner Grundregeln, welche wie ich glaube auch wichtig für meinen Erfolg ist: Bildkomposition und Licht machen ein gutes Bild aus, nicht die Bildbearbeitung. Natürlich optimiere ich meine Bilder digital bezüglich Kontrast und Farben, aber das dominante Qualitätskriterium muss die Aufnahme sein, nicht die nachträgliche Bildbearbeitung. Das hat auch was mit Effektivität zu tun, ich kann ich mir gar nicht leisten, stundenlang an einem Bild herum zu schrauben, das zahlt mir doch keiner!
Eine wirksame Bildkomposition gehört für Rainer zum Erfolgsrezept © Rainer Mirau
4NP: Nun zu deinen Bildern. Dein Portfolio beinhaltet traumhafte Aufnahmen aus der ganzen Welt. Gibt es ein bestimmtes Foto, dass einen sehr hohen Wert für dich hat oder einen besonderen Moment wiederspiegelt? Magst du uns dieses Bild zeigen und davon erzählen?
Rainer: Dieses Bild ist nicht nur inhaltlich, sondern auch bezüglich der Entstehungsgeschichte eines meiner absoluten Favoriten. Es entstand im Hinterland von Island, weitab eines Weges. In sechs Tagen sah ich nur ein einziges Mal die Sonne und das war in dieser Situation. In völliger Dunkelheit schälte ich mich aus meinem Schlafsack, schüttete einen Tee in mich hinein und stieg weglos bei leichtem Regen zu dieser unglaublichen Location auf, welche ich am Vortag bereits besucht habe. Die Berggipfel in dicken Nebel gehüllt konnte ich nur auf ein Wunder hoffen, welches auch tatsächlich geschah! Die Sonne kam für ein paar Minuten durch die Wolken und tauchte die Landschaft in goldenes Licht. Ich habe über die Jahre als Landschaftsfotograf einige spektakuläre Sonenaufgänge erlebt, aber diesen werde ich nie vergessen. Besonders die Abgeschiedenheit trägt zu einem intensiven, unvergesslichen Erlebnis bei. Die Mühen die man auf sich nehmen muss, um eine digitale Mittelformatkamera und Essen für 10 Tage an so einen Ort zu schleppen sind dann ganz schnell wieder vergessen.
Naturerlebnis der schönsten Art im isländischen Hochland © Rainer Mirau
4NP: Du arbeitest seit einigen Jahren mit der Mittelformat Technik. Kannst du kurz beschreiben, worin die Vorteile bestehen bzw. was dich bewogen hat diese Technik einzusetzen? (Hat diese Technik auch Einfluss auf deinen Kreativität?)
Rainer: Ich habe mich 2014 für eine Investition in ein Mittelformat System entschieden. Als Qualitäts-Nerd war ich nie mit dem Besten im Kleinbildformat zufrieden. Der Qualitätsmaßstab in der Landschaftsfotografie war immer das analoge 4×5 Inch. Mit einem Kleinbildsensor erreicht man diese Qualität nicht, egal wie viele Megapixel der hat. Ein weiteres wichtiges Argument war die Möglichkeit eine echte Fachkamera mit Tilt und Shift verwenden zu können. Auch das gibt es im Weitwinkelbereich im Kleinbildformat nicht. Meine Kamera ist sauteuer, schwer und zwingt mich vom Stativ zu arbeiten, aber es macht mir bis heute Freude, die Bilder bei 100% am Monitor zu betrachten und die Gewissheit zu haben, dass ich meinen Kunden die bestmögliche Qualität liefere. Wichtig ist mir noch zu erwähnen, dass ich weiterhin bei Brennweiten ab 50mm ein Kleinbildsystem verwende. Mittelformat nutze ich nur im Weitwinkelbereich mit zwei Festbrennweiten, 20 und 32mm Kleinbildäquivalent, weniger mm brauche ich auch nicht. Ich war nie ein Fan von extremen Weitwinkelaufnahmen, die die Landschaft stark verzerren. Mit Festbrennweiten zu arbeiten hat definitiv einen Einfluss auf die Kreativität, da man den Bildausschnitt über den Standpunkt definieren muss und nicht über den Zoomring.
Landschaftsfotografie mit dem Mittelformat-System, Fachkamera + Phase One Digitalrückteil © Rainer Mirau
4NP: Du bringst jedes Jahr viele Kalender auf den Markt und bist auch Autor von eBooks. Was können Leser in deinen eBooks erfahren?
Rainer: Ebooks zu schreiben macht mir schlichtweg Spaß. In den ruhigeren Wintermonaten setze ich mich gerne vor den Computer und versuche mein Wissen und meine Erfahrung möglichst komprimiert und direkt an Interessierte weiterzugeben. Einerseits behandeln die Ebooks technische Aspekte und meine Herangehensweise in der Landschaftsfotografie oder die Fotografie im Mondlicht, andererseits gibt es mittlerweile zwei Ebooks, die die besten Fotolocations mittels einer Google Karte und Tipps auflisten. Da sollen noch einige mehr folgen. Österreich Ost wird das nächste Ebook sein.
4NP: Landschafts bzw. Naturfotografie ist heutzutage so populär wie noch nie. Wie hat sich deiner Meinung nach die Naturfotografie entwickelt? Was gefällt dir gut und was findest du bedenklich?
Rainer: Im Internet sieht man kaum was neues und es langweilt mich unendlich. Es gibt so viel zu entdecken und zu erleben und man sieht zu 95% bekannte Locations. Das Erlebnis, die Zeit alleine, die Ruhe, die Suche nach neuen Motiven ist ein wichtiger Teil der Tätigkeit als Landschaftsfotograf für mich. Schon tausendfach fotografierte Motive 50m neben der Strasse in neu eingekaufter Outdoorbekleidung abzufotografieren hat wenig mit Landschaftsfotografie zu tun. Mittels einer Karte oder Google Maps Orte zu recherchieren, von wo kommt zu welcher Jahreszeit wie das Licht, welcher Hintergrund, Vegetation? Wie komme ich dort hin? Höhenmeter? Wetterlage? Und dann tatsächlich diesen Ort zu besuchen und spontan auf die Verhältnisse zu reagieren, weil es immer anders ist, als man denkt, das ist Landschaftsfotografie für mich.
Weiters sind diese endlosen Diskussionen über die Technik und die Spezifikationen der Kameras unglaubliche Zeitverschwendung. Noch nie waren Kameras so gut wie heute, noch nie war es so leicht technisch gute Bilder zu machen. Umso mehr sollte man sich auf den Bildinhalt und das Licht konzentrieren und weniger auf die Kameramarke.
Es müssen nicht immer weite Landschaften sein, auch Details gelten für Rainer als tolle Motive © Rainer Mirau
4NP: Welche Fotoprojekte sind bei dir als nächstes geplant? Stehen besondere Reisen am Programm? Oder sehen wir auch wieder einmal eine Fotoausstellung von dir?
Rainer: Ich bin kein Mensch, der gerne projekbezogen arbeitet. Es macht mir am meisten Spaß, wenn ich ganz einfach das mache, wozu ich spontan Lust habe. Durch meine zwei Kinder (4 und 7 Jahre) ist das Reisen in den letzten Jahren weniger geworden, ich mache eher kürzere Reisen 6-9 Tage und einmal was längeres (3 Wochen). Das reicht mir allemal, schließlich müssen die Bilder auch durch den digitalen Workflow und das kostet auch Zeit. Norwegen ist seit je her einer meiner liebsten Destinationen und steht bald wieder auf dem Programm. Besonders freue ich mich auf eine Woche im schwedischen Sarek Nationalpark, ein echtes Abenteuer. Vor über 20 Jahren habe ich diesen schon zweimal durchquert und ich kann es nicht erwarten, wieder diese unberührte Wildheit zu erleben.
Ausstellungen habe ich schon lange nicht mehr gemacht. Die großformatigen Bilder produzieren zu lassen kostet sehr viel Geld und ich sehe keinen wirklichen Nutzen in einer Ausstellung. Es entspricht einfach nicht meinem naturell mich als einzigartigen Künstler darzustellen. Ich sehe mich eher als kommerzieller Fotograf, der seine Bilder über diverse Kanäle vertreibt. Genauso ist es mit Wettbewerben, halte ich für Zeitverschwendung.
4NP: Eine letzte Frage noch. Welche Tipps möchtest du Anfängern sagen um sich fotografisch weiter entwickeln zu können? Welchen Rat würdest du diesbezüglich geben?
Rainer: Mein wichtigster Rat ist nicht zu viel anderen nachzueifern, sondern in sich hinein zu fühlen und genau das zu machen, was einem das Herz rät. Egal was, wenn man es mit voller Hingabe und Leidenschaft macht, dann ist es auch gut und erfüllend. Bloß nicht jemanden nachahmen und Likes hinterher rennen. Die technischen Grundregeln zu beherrschen ist wichtig, aber noch viel wichtiger sind die gestalterischen: Vordergrund, Mittelgrund, Hintergrund, Linien und Lichtführung. Das studieren und analysieren von guten Landschaftsaufnahmen schult das Auge und bringt einen selbst weiter.
4NP: Vielen Dank Rainer für das unterhaltsame Interview. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg, spannende Fotomomente und jede Menge Freude in deinem Beruf als professioneller Landschaftsfotograf!
Rainer: Danke!
Wenn ihr mehr von Rainers Bildern sehen wollt oder Interesse an seinen Ebooks habt, dann besucht doch einfach seine Website:
www.silent-moment.com
Rainers Arbeiten sind auch auf Facebook und Instagram zu finden.
Hoffentlich hat das Interview mit Rainer gefallen. Wie immer freuen wir uns auf Euer Feedback hier in den Kommentaren!
Wir wünschen Euch schöne Feiertage und einen guten Start im neuen Jahr! Macht es gut 🙂