Heute möchten wir Euch Karin Rollett-Vlcek eine sehr talentierte Makrofotografin aus Niederösterreich vorstellen. “Schmetterlinge und Blumen sind mein Welt”, so die Ingenieurin für Textilchemie. Zur Fotografie ist Karin 2004 durch ihren Mann Gerhard gekommen, seit diesem Zeitpunkt ist Sie fasziniert von den Details in der Natur.
Karin ist seit 2007 aktives Mitglied im Verein für Tier- und Naturfotografie Österreich (VTNÖ). Dort unterstützt Sie den Verein auch seit vielen Jahren tatkräftig als ehrenamtliches Vorstandsmitglied.
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Es freut uns sehr Karin, dass du dich für das Interview bereit erklärt hast. Als Erstes wollen wir von dir wissen, wie du eigentlich zur Naturfotografie gekommen bist und was den Reiz darin für dich ausmacht. Magst du uns kurz davon erzählen?
Karin
Das Interesse an der Fotografie besteht schon seit der Jugend. Erst durch meinen Mann Gerhard inspiriert, begann ich vor ca. 15 Jahren mich damit näher zu befassen. Der Weg zur Natur fand sich quasi von selbst. Nachdem zu dieser Zeit mein täglicher Arbeitsweg am „Naturschutzgebiet Eichkogel“ vorbeiführte und ich dort sehr oft Zwischenstopps einlegte, wurde ich neugierig und begann mich mit den dort vorhandenen Schmetterlingen und Orchideen zu befassen. Anfangs lief ich den Schmetterlingen noch nach, bis mir ein sehr guter Makrofotograf und Freund zeigte, wie es leichter ging.
Heute sind es die ganz besonderen Momente, wenn ich nach intensiver Recherche und oft jahrelanger Suche zum ersten Mal einen neuen Falter oder ein neues Blümchen sehe – und natürlich auch fotografieren kann.
Sehr oft reicht mir aber auch am Rand einer Wiese zu stehen und viele Falter herumfliegen oder ein Meer von Orchideen zu sehen.
Schwalbenschwanz / Papilio machaon im Sonnenuntergang © Karin Rollett-Vlcek
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Auf deiner Website gibt es viele tolle Aufnahmen von Flora und Fauna zu entdecken. Es gibt sogar eine Sammlung von wilden Orchideen und Schmetterlingen aus verschiedenen Ländern. Diese betreibst du seit vielen Jahren sehr sorgsam. Worin besteht der besondere Reiz dieser Motivwelt? Was fasziniert dich an der Makrofotografie?
Karin
Die intensivere Beschäftigung mit der Makrofotografie, mit dem Leben der Schmetterlinge und mit dem Vorkommen der Orchideen in Österreich lief parallel. Vor allem der Wunsch den Großteil der in Österreich noch vorkommenden Schmetterlinge und Orchideen einmal zu sehen und ein Bild von ihnen zu machen, spornt an.
Aber ich mache keine „dokumentarischen“ Bilder fürs Bestimmungsbuch, sondern will mit meinen Bildern die Schönheit der Motive darstellen. Selbst unscheinbare „farblose“ Orchideen haben wunderschöne, oft sehr kleine, Blüten. Da lohnt sich der Blick durch die Makrolinse, um diese Blüten genauer zu betrachten.
Hast du schon einmal beobachtet wie sich ein Schmetterling frühmorgens die Tautropfen von den Augen wischt? Das geht halt nur durch die Makrolinse.
Rundblättriger Sonnentau / Drosera rotundiflora © Karin Rollett-Vlcek
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Für unsere Leser ist es bestimmt höchst interessant zu erfahren, wie du deine Motive in der Natur findest. Kannst du uns ein wenig davon erzählen, wie du dich auf die bevorstehende Makrosaison vorbereitest? Welches Wissen und welche Vorbereitungen sind zu treffen, damit man solche seltenen Orchideen und besonderen Schmetterlinge vor die Linse bekommt?
Karin
Ich habe das große Glück in meinem Mann einen Partner zu haben, der dieselben Interessen hat wie ich. So teilen wir uns die Arbeit der Vorbereitung, das heißt die Zeit der Recherchen. Spätestens nach dem Jahreswechsel versuchen wir neue mögliche Habitate von unseren besonderen Motiven übers Internet zu finden. Teilweise ist Literatur, in der Hinweise zu verschiedenen Gebieten zu finden sind, im Internet vorhanden. Wir besuchen auch Vorträge zu diesen Themen. Am wichtigsten ist aber der Informationsaustausch unter guten Freunden.
Wenn man sich mit dieser Materie genauer auseinandersetzen will, muss man sich schon intensiver mit den Pflanzen oder Tieren und deren Lebensweisen beschäftigen. Einfach so hinaus und eine Orchidee fotografieren gehen, funktioniert nicht.
Orchideen haben sehr hohe Ansprüche an ihren Untergrund, das heißt ich muss schauen, wo es den richtigen Boden gibt. Auch haben diese Blumen eine Blühphase von nur ein paar Tagen, die je nach Art und Höhenlage zu unterschiedlichen Terminen sind. Und der Blühzeitpunkt hängt wieder davon ab, wie der Winter davor war, sprich, wann der Frühling tatsächlich anfängt. Nach einem langen heftigen Winter, wie 2019, können sich die Blühtermine um 2 Wochen verzögern. Im Jahr davor waren die Blüten schon früher als sonst offen. Das heißt, es gibt zu Beginn des Jahres einen Zeitraum von bis zu 4 Wochen, wann die ersten Orchideen zu blühen beginnen. Um hier den „richtigen“ Zeitpunkt zu erwischen, sind wir entweder von Informationen von Freunden angewiesen oder müssen selbst die passenden Stellen immer wieder aufsuchen. Wenn dann die ersten blühenden Pflanzen gefunden sind, können wir aufgrund unserer Erfahrung die weitere Entwicklung ungefähr abschätzen – aber nur ungefähr.
Gelber Frauenschuh / Cypripedium calceolus © Karin Rollett-Vlcek
Ähnliches gilt bei den Schmetterlingen. Hier ist nicht der Boden direkt, sondern die Art der Vegetation, ob ich Trockenwiesenarten oder Feuchtwiesenarten habe, entscheidend welche Art ich finden kann. Dafür habe ich bei den Faltern mitunter etwas mehr Zeit, etwa eine Flugzeit von 3-4 Wochen, bestimmte Arten zu erwischen. Damit wird die Möglichkeit sie zu finden etwas größer. Allerdings muss in dieser Zeit auch die Witterung zum Fotografieren geeignet sein.
Auch wenn alles optimal geplant, bestens recherchiert und vorbereitet ist, gibt es keine Garantie einen „Treffer“ zu landen, wenn wir einen Ausflug machen. Es sind viele Faktoren, auf die wir keinen Einfluss haben, die schuld sein können warum die Speicherkarte leer bleibt: Nachtfrost im Mai, der mitten in der Blüte der Helm-Knabenkräuter alle vernichtet hat, Wetterkapriolen von Wind bis Gewitter, wenn die Schmetterlinge Schutz tief im Gras suchen, und vieles mehr.
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Magst du uns auch noch etwas zur Aufnahmetechnik erzählen? Welches Objektiv und welche Hilfsmittel verwendest du für deine Aufnahmen?
Karin
Ich fotografiere seit einigen Jahren mit einer Canon-Vollformat-Kamera und dem Sigma 180mm-Makro f/2.8 (das leider nicht mehr hergestellt wird). Entgegen vieler anderer Fotografen fotografiere ich vorzugsweise mit stark geöffneter Blende. Das geht zwar auf Kosten der Tiefenschärfe, ergibt aber besonders weiche Bilder. Seit letztem Jahr habe ich für meine spiegellose Canon auch ein 35mm-Makro mit dem ich neue Perspektiven ausprobiere.
Grundsätzlich arbeite ich immer mit Stativ. Mir ist es wichtiger ein gutes, scharfes Bild „im Kasten“ zu haben, als nur einen Doku-Schuss. Nachdem ich Schmetterlinge zu Zeiten fotografiere, in denen sie nicht fliegerisch aktiv sind, ist es auch kein Problem das Stativ mit Kamera in Ruhe in Position zu bringen. Zusätzlich verwende ich eine Art Diffusor zum Abschatten der Motive.
Heller Alpenbläuling / Plebejus orbitulus im Morgentau © Karin Rollett-Vlcek
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Du gibst ja auch hin und wieder Fotoworkshops in der Fotoschule Gesäuse. Was erwartet die Teilnehmer in diesem Workshop?
Karin
Der Titel „Orchideen – Juwelen der Pflanzenwelt“ sagt eigentlich alles. Unter der Leitung eines Nationalpark-Rangers fotografieren wir die zu dieser Zeit blühenden Orchideen im „Nationalpark Gesäuse“. Unser Ranger erzählt während des Tages viel Wissenswertes zu den Orchideen und ihren Lebensbereichen.
Wir präsentieren anhand von Hardcopy–Bildern wie unsere Orchideenbilder aussehen. Anschließend wird anhand eines Exemplars vorgeführt wie sich die Einstellung von unterschiedlichen Blenden, Brennweiten und Lichtstimmungen auf die Bilder auswirken. Dann unterstützen wir die Teilnehmer bei der Erstellung ihrer Bilder von den unterschiedlichen Orchideen. Uns ist wichtig, dass jeder, der teilnimmt, mit ein paar Bildern nach seinem Geschmack, heimgeht.
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Für diejenigen die keine Gelegenheit haben deine Workshops zu besuchen: Welche Tipps magst du Anfängern in der Makrofotografie geben, um zu besseren Ergebnissen zu kommen?
Karin
Einer der wichtigsten Punkte, auch beim Workshop, ist das Fotografieren auf Augenhöhe mit dem Motiv. Das heißt ich muss mit der Kamera auch mal auf den Boden und selbst natürlich auch 😉
Keine Scheu davor haben ein Stativ zu verwenden. Ich habe so viel mehr die Möglichkeit kleine Veränderungen der Perspektive zu machen und kann auch die Schärfeebene viel präziser einstellen.
Zum Kennenlernen und Ausprobieren: „Setz dich mit der Kamera in die Wiese, such dir ein Blümchen aus, stelle deine Kamera am Stativ auf. Mach einmal Blendenreihen, das heißt mach Bilder von diesem Blümchen vom gleichen Standort mit verschiedenen Blendeneinstellungen und schau dir dann daheim die Wirkung an. Dasselbe geht mit Belichtungsreihen, auch der Unterschied ob du mit oder gegen das Licht fotografierst.“
Mich persönlich hat auch das Ansehen von Bildern anderer Makrofotografen sehr viel weitergebracht.
Busch-Windröschen / Anemone nemorosa am Bach © Karin Rollett-Vlcek
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Viele von uns kennen dich vom Verein für Tier – und Naturfotografie Österreich (VTNÖ) wo du bereits seit 2007 Mitglied bist und seit vielen Jahren auch ehrenamtlich im Vorstand tätig bist. Magst du uns den VTNÖ kurz vorstellen und die Vorteile des Vereins erläutern?
Karin
Der VTNÖ ist ein Verein von naturbegeisterten Fotografen, das sind sowohl Berufsfotografen als auch Hobbyfotografen. Wir alle wollen vor allem die Schönheiten der noch vorhandenen und stark gefährdeten Natur bildlich festhalten und zeigen. Einige der Mitglieder sind auch aktiv im Naturschutz tätig.
Den größten Vorteil der Mitglieder im Verein sehe ich in den diversen organisierten ein- oder mehrtägigen Treffen. Diese finden in den verschiedensten Gebieten in Österreich und angrenzenden Ländern, wie Italien oder Schweiz, statt. Dort gibt es dann die Möglichkeit von kurzen oder längeren Fotoausflügen. Und dabei kann man dann auch mal einer Kollegin oder einem Kollegen abseits von Workshops über die Schulter schauen und sich Tipps und Tricks holen. Sehr oft schnuppern dann Spezialisten auch mal in ein anderes Thema hinein, Makrofotografen versuchen sich in der Landschaftsfotografie und umgekehrt.
Seit einigen Jahren haben wir auch die Fördermitgliedschaft für all jene, die sich der Bewerbung als Vollmitglied noch nicht stellen möchten, eingeführt. Auf diesem Weg können sie schon an allen Treffen teilnehmen und so den Kontakt zu den anderen Mitgliedern herstellen und sich selbst auch fotografisch weiterbringen.
Besonders freut mich, dass es immer mehr Kleingruppen gibt, die dann gemeinsamen Ausflüge und auch Fotoreisen unternehmen.
Großer Feuerfalter / Lycaena dispar © Karin Rollett-Vlcek
4NP
Die Makrosaison steht vor der Tür bzw. hat gerade begonnen. Welche Fotoziele oder Projekte hast du dir heuer vorgenommen? Ist vielleicht die Suche nach einer neuen Art geplant oder möchtest du neue Gebiete entdecken?
Karin
Das Makro hat auch im Winter Saison – Schnee- und Eiskristalle sehen auch durch den Sucher sehr schön aus 😉 Das Jahr 2020 bringt sicher viel Neues, wird aber auch sehr arbeitsreich. Je nachdem wie sich das Frühjahr entwickelt, wollen wir für ein paar Tage im April wieder nach Slowenien und Istrien und nach Orchideen Ausschau halten.
Fix am Plan stehen jedenfalls die zwei Vereinstreffen Ende April und Anfang Juni. Mitte Juni finden dann die Workshops im Gesäuse statt. Im Sommer möchte ich wieder in die Berge zu Kohlröserl und Apollos. Bis dahin werden wir eher in unserem näheren Umfeld unterwegs sein, neue Plätze im Wienerwald aufsuchen. Wir versuchen auch Neufunde von Orchideen im letzten Jahr wiederzufinden.
Beim Fotofestival im Gesäuse sind wir in diesem Jahr erstmalig mit einer Ausstellung unserer Orchideenbilder dabei. Und das größte Projekt steht dann im Herbst am Plan, hat nichts mit Makrofotografie zu tun und wird hoffentlich sehr bunt – 3 Wochen „indian summer“ im Osten Kanadas.
4NP
Vielen Dank Karin für das interessante Interview. Wir wünschen dir eine erfolgreiche Makrosaison und freuen uns schon auf viele neue Bilder von dir!
Karin
Herzlichen Dank für das Interview und die Möglichkeit einen Einblick in meine Welt der Naturbilder geben zu können.
Anbei möchten wir Euch noch dazu einladen die folgenden Links zu besuchen um noch mehr über Karin und Ihre Bilder zu erfahren.
http://www.picartbykarin.com/
https://www.facebook.com/picartbykarin/
https://www.instagram.com/picartbykarin/
Und hier könnt ihr alles über den Verein für Tier- und Naturfotografie Österreich erfahren.
https://www.vtnoe.at/