Heute für Euch im Interview Nicolas Alexander Otto aus Nordrhein-Westfalen.
Alexander ist leidenschaftlicher Landschaftsfotograf, Podcasthost, Fotoguide und Public Speaker. Schon in seiner Kindheit war er viel unterwegs in der Welt, da seine Eltern einen ausgeprägten Sinn für Reisen und Kultur besaßen. Als Sohn einer Biologin und eines Geographen kam er bereits früh in den Genuss wunderschöne Landschaften und Orte besuchen zu dürfen; von Ihnen erbte er das Fernweh, welches Alexander auch heute antreibt.
Wir wünschen Euch viel Freunde mit diesem interessanten Interview!
Interview mit Nicolas Alexander Otto
4NP: Es freut mich sehr Alexander, dass du dich für das Interview mit uns bereit erklärt hast. Für alle die dich noch nicht kennen, magst du uns darüber erzählen wie du zur Landschaftsfotografie gekommen bist? Wie fing alles bei dir an? Und wo stehst du jetzt?
Alexander: Erstmal herzlichen Dank für Euer Interesse! Freut mich, dass ihr mir diese Möglichkeit gebt. Ich habe im Jahr 2008 angefangen meine Reisen – damals Japan – fotografisch zu dokumentieren, bereits 2009 kaufte ich mir dann eine eigene Pentax DSLR und machte mich für 6 Wochen während der Semesterferien auf in die USA. Von da an versuchte ich immer Geld aufzutreiben, um Roadtrips zu machen und fotografieren zu können. Das war als armer Student nicht immer ganz einfach, aber zumindest konnte ich immer mal wieder durch Europa reisen und fotografieren. Seit 2015 verdiene ich Geld mit meiner Fotografie, da ich seit meinem abgeschlossenen Studium etwas mehr Zeit habe und bereits zuvor langsam mein Netzwerk aufgebaut hatte. Zuletzt habe ich mit meinem Kollegen Jonas Piontek mit Fernweh Fotoreisen ein eigenes Portal für unsere Reisen aufgebaut und an den Start gebracht.
4NP: Dein fotografischer Schwerpunkt liegt in der Landschaftsfotografie. Was gefällt dir an dieser Disziplin besonders gut? Was macht den Reiz für dich aus?
Alexander: Für mich war, selbst bevor ich die Kamera in die Hand nahm, Natur immer ein Rückzugsort in den ich entfliehen konnte, wenn es mir einfach zu viel wurde. Irgendwann kam die Kamera dazu, aber die Motivation warum ich so gerne raus in die Wildnis gehe, hat sich kaum verändert. Ich mag es einfach dem Alltag für eine Weile den Rücken zuzukehren und die Probleme einfach mal hinter mir zu lassen, mich auf die Landschaft und das Licht um mich herum zu konzentrieren und abzuschalten. Dass ich eine Kamera dabei habe, ist dabei eher sekundär, sie ist lediglich meine Ausrede solche Dinge zu machen, denn schließlich muss ich als Fotograf auch Bilder machen, also kann ich mittlerweile sagen, dass ich immer mal wieder verschwinden MUSS – arbeiten eben. Die Momente früh morgens, wenn die Sonne irgendwo an einem menschenverlassenen Ort langsam über den Horizont klettert, ungesehen von all jenen, die noch im gemütlichen Bett liegen, für mich ganz persönlich erleben zu können, ist einfach wundervoll. Die Kamera bringt mich immer wieder in solche Situationen, das fasziniert mich so sehr an dieser Spielart der Fotografie.
Morgenstimmung in Deutschland | Copyright: Nicolas Alexander Otto
4NP: Du konntest bereits viele interessante Länder bereisen und sicherlich schöne Erlebnisse mit deiner Kamera festhalten. In diesem Jahr sind wir auf Grund des Corona Virus mit Reisebeschränkungen konfrontiert. Wie hast du die letzten Monate verbracht? Konntest du die Zeit auch für Fototouren nützen, vielleicht in deiner Heimat? Und welche Reiseziele stehen sofern möglich als nächstes bei dir an?
Alexander: Als hätte ich es gewusst, war ich bereits in den ersten Monaten des Jahres insgesamt drei Mal in Norwegen – von dem letzten Trip kam ich gerade wieder als die Grenzen langsam geschlossen wurden. Seitdem wurden leider einige meiner Workshops und Messeauftritte abgesagt, was sehr frustrierend ist, gerade wo dieses Jahr so viel anstand, und ich mich auf einige außergewöhnliche Dinge gefreut hatte, sei es Vorträge auf der Photokina oder meinen Workshop während der Fotohorizonte in Zingst. Dankenswerterweise konnte ich zumindest meinen Alpenvorland Workshop durchführen und im Sommer noch einmal für drei Wochen nach Island fliegen, um einen Workshop für das kommende Jahr zu planen. Mein diesjähriger Islandworkshop wurde leider kurzfristig wegen der neuen Einreisebestimmungen gecancelt.
Da ich aus dem Ruhrpott komme, kann ich leider nicht gerade in meiner näheren Umgebung fotografieren, da mich diese Art von Landschaft nicht sonderlich inspiriert. In meiner Heimat fotografiere ich eher nur für mich selbst gelegentlich Industriekultur aber keine Landschaften.
Dieses Jahr stehen momentan noch ein Workshop in Berchtesgaden an, danach hoffentlich – je nach Covid Stand – ein paar Tage in Slowenien mit Sven, und hoffentlich noch ein paar Tage irgendwo weiter weg im Dezember. Wo genau steht allerdings noch nicht fest.
Sonnenuntergang an einer traumhaften Küste | Copyright: Nicolas Alexander Otto
4NP: Magst du uns ein wenig zu deiner Vorgehensweise bei einer Aufnahme eines Landschaftsbildes erzählen? Wie planst du deine Aufnahmen? Vorbereitung, Technik, Umsetzung und Nachbearbeitung? Wie entstehen deine fantastischen Bilder?
Alexander: Meistens beginnen meine Bilder bereits am PC. Ich plane viele meiner Bilder bereits akribisch von daheim mit Hilfe von Satellitendaten und verschiedenen anderen Ressourcen, damit ich weiß, in etwa wann ich wo sein muss, um ein gutes Bildkader und passende Konditionen vorzufinden. Nachdem ich, teilweise erst Jahre später, einen bestimmten Ort aufgesucht habe, suche ich meistens „nur noch“ nach einem guten Vordergrund, da ich den Hinter- und Mittelgrund bereits genau von zu Hause im Kopf habe. Dafür habe ich meistens genügend Zeit, denn ich bin immer sehr früh an einer Location, damit mir das Licht nicht irgendwann davon läuft. Meist suche ich dann eine Weile und gehe verschiedene Optionen durch, damit ich, sobald das Licht besser wird, eine kleine Anzahl an getesteten zuvor Kompositionen aufnehmen kann.
Die Nachbearbeitung nimmt bei mir mittlerweile einen immer kleineren Teil meiner Arbeit ein. Es mag daran liegen, dass ich vielleicht auch einfach immer weniger Zeit habe. Es gab Zeiten da habe ich mehrere Stunden in ein Bild investiert, heute allerdings ist es so, dass ich meistens nur noch einige Minuten für die Bildbearbeitung aufwende. Techniken wie Exposure Blending oder Focus Stacking versuche ich bereits während der Aufnahme zu vermeiden, um später weniger Arbeit zu haben. Lässt sich all das nicht vermeiden merke ich immer wieder, das solche Aufnahmen sehr lange auf der Festplatte schlummern und erst dann von mir bearbeitet werden, wenn alle anderen Bilder bereits fertig sind. Dennoch bearbeite ich alle meine Bilder in Photoshop, da ich die Kontrolle wert zu schätzen weiß und das Ebenensystem über die Jahre so internalisiert habe, dass ich es nicht missen möchte.
Im Nebelwald | Copyright: Nicolas Alexander Otto
4NP: Du hast ein sehr spannendes Projekt den „Landschaftsfotografie Podcast“ ins Leben gerufen und viele interessante Fotografen und Fotografinnen zu einer Folge im Podcast eingeladen. Unsere Leser interessiert bestimmt was sie in deinem Podcast erwartet. Warum lohnt es sich mal reinzuhören? (Podcast)
Alexander: Ich finde es immer wieder interessant etwas über die Personen hinter den Bildern zu lernen, was sie antreibt, inspiriert und dazu bewegt ihre Bilder zu machen. Landschaftsfotografie ist eine Kulturpraxis, welche so viele Facetten hat und ich selbst kenne längst nicht jede, daher spreche ich in dem Format mit unterschiedlichsten Fotografen über eine große Bandbreite an Themen, von Inspiration über Naturschutz und Soziale Medien, bis hin zu Abenteuer- und Reisegeschichten. Ich denke, dass für jeden etwas dabei ist, und vielleicht ja sogar der Werdegang einer der persönlichen Lieblingsfotografen. Der Podcast richtet sich an alle die einfach mal einen Blick hinter die bunten Bilderfassaden und auf den Menschen hinter der Kamera werfen wollen, um sich vom Fieber der Landschaftsfotografie anstecken zu lassen, oder einfach spannende Geschichten über und Informationen zu dieser Disziplin zu hören.
Sanddünnen, Berge und Licht | Copyright: Nicolas Alexander Otto
4NP: Du gibst ja auch Workshops und leitest Fotoreisen. Was gefällt dir an dieser Aufgabe besonders gut?
Alexander: Ich habe ja zuvor beschrieben, dass für mich Landschaftsfotografie immer ein wenig Eskapismus ist, es gehört aber auch immer eine soziale Komponente dazu. Denn wie Christopher McCandless ein mal so schön schrieb „Happiness is only real when shared”. Die strahlenden Augen meiner Teilnehmer, wenn sie einen wunderschönen roten Sonnenaufgang über dem Nebel des Elbtals erleben (so etwa auf meinem letzten Workshop in der Sächsischen Schweiz vergangenes Jahr), sehen zu können ist einfach fabelhaft. Diese Erlebnisse mit anderen naturbegeisterten Menschen zu teilen macht mich glücklich. Wenn meine Teilnehmer ein solches Lichtspiel dann auch noch mit Hilfe meiner Expertise gekonnt ablichten können, ist das ein toller Lohn für mich. Ich reise mittlerweile auch meist mit befreundeten Fotografen umher, also nur noch selten allein, da genau solche Situationen die Fotografie noch fantastischer machen. Ich bin immer wieder überrascht von den Reaktionen meiner Teilnehmer und sie motivieren mich dazu immer noch mal 10% mehr zu geben. Um noch ein Beispiel zu nennen: bei meinem letztjährigen Islandworkshop weinte eine meiner Klientinnen am Flughafen, weil die Reise so schön war und sie traurig war, dass sie nun zu Ende war. So etwas geht nicht spurlos an einem vorbei.
Langzeitbelichtung im hohen Norden | Copyright: Nicolas Alexander Otto
4NP: Eine letzte Frage haben wir noch an dich. Welche Tipps würdest du jemanden geben der gerade erst mit der Landschaftsfotografie begonnen hat? Wie ist es möglich rasch Fortschritte zu machen?
Alexander: Ich denke nüchtern betrachtet gibt es zwei Möglichkeiten besser zu werden, man investiert Zeit und man investiert Geld. Ja, bei letzterem hört man immer, das sei nicht so relevant, aber ein Flugticket an einen inspirierenden Ort, ein Workshop oder eine Tankfüllung, um in die Alpen zu fahren bezahlen sich auch nicht von selbst. Aber beides läuft auf das gleiche hinaus, man muss sich lange mit dem Hobby auseinandersetzen. Ich beschäftige mich jeden Tag stundenlang mit Fotografie, dennoch habe ich nicht mal ansatzweise alles gelernt und bin nicht da, wo ich ein mal hinmöchte. Man muss sich also die Möglichkeit geben, Zeit mit Landschaftsfotografie zu verbringen. Schnell gut zu werden, ist dabei eigentlich nicht möglich, denn man neigt immer dazu dann nur das zu tun was andere schon getan haben. Es ist leicht sich Bilder anderer Fotografen anzuschauen und dieses dann technisch zu reproduzieren, aber eigene Bilder zu finden, diese in der Landschaft zu sehen, neue Orte zu entdecken und in Ihnen sich selbst, das braucht Zeit, viel Zeit.
Aber um vielleicht noch etwas zu Frage direkt zu sagen, um rasch Fortschritte zu machen, sollte man sich nicht zu sehr in den sozialen Medien aufhalten und populären Bildstilen hinterherlaufen. Dieser Tage steigen etwa viele bekannte Anglo-Amerikanische Fotografen vom Ultraweitwinkel auf intime Teleaufnahmen um, angeblich um individueller zu sein, dabei ist nun doch wieder vieles gleichförmig und angepasst. Wichtig ist sich auf das zu konzentrieren was einem selbst gefällt und zu schauen, welche Techniken, Orte und ggf Hilfen man braucht, um die eigene Vision zu finden und zu entwickeln. Soziale Medien sind dabei nur Nebelkerzen. Eine Erkenntnis für welche ich auch Jahre gebraucht habe, aber seit ich weniger Zeit dort verbringe, und Plattformen wie FB und IG nur noch für den Austausch mit Freunden, Klienten und Kollegen nutze bilde ich mir ein, dass ich schneller finde, was ich machen will und es dann auch tue.
4NP: Lieber Alexander, vielen Dank dass wir von dir und deiner fotografischen Arbeit erfahren durften. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg!
Wir hoffen das Interview hat Euch gefallen. Mehr über Nicolas Alexander Otto könnt Ihr in den folgenden links erfahren. Und wie immer seid ihr herzlich eingeladen hier einen Kommentar zu hinterlassen 🙂
Website: www.nicolasalexanderotto.net
Landschaftsfotografie Podcast: www.nicolasalexanderotto.net/blog
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