Diese Woche habe ich für euch Radomir Jakubowski im Interview. Wenn man sich für Naturfotografie begeistert wird man wohl irgendwann auf seinen Namen stoßen. Er ist schon lange Vollmitglied der GDT, schreibt Bücher sowie viele Fachbeiträge in unterschiedlichen Magazinen. Ebenso ist er mit seinen Bildern sehr erfolgreich bei nationalen und internationalen Wettbewerben. Er leitet abwechslungsreiche Workshops und ist einfach ein sehr talentierter Naturfotograf, welcher auch viel vor seiner eigenen Haustüre umsetzt… doch lest selbst! 😉
Hallo Radomir, es freut mich, dass du dir Zeit nimmst für dieses Interview. Du bist ja schon lange in diesen Bereich tätig. Ich selbst bewundere deine Bilder schon etliche Jahre im Internet. Wie lange bist du beschäftigst du dich bereits mit der Naturfotogrfie, kannst du dich noch an deine Anfänge erinnern?
Seit 1996, also seitdem ich 9 Jahre alt bin. In kurzen Meilensteinen:
- 9 Jahre alt Fotoanfang analog (1996)
- 13 Jahre alt Einstieg in digitale Fotografie (2000)
- 16 Jahre alt erste digitale Spiegelreflexkamera (2003)
- 19 Jahre alt GDT Vollmitglied (2006)
- 22/23 Jahre alt Selbständigkeit als Naturfotograf (2010)
Die Anfänge waren einfach, ich habe mich fasziniert für Fotografie und bin ganz schnell bei der Naturfotografie gelandet. Mich hat die Natur schon immer fasziniert. Da ich beinahe die ersten 10 Jahre meiner Fotokarriere nicht einmal Autofahren durfte, da ich zu jung war, bin ich irgendwie in der Makro-, Detail- und Tierfotografie gelandet, denn das konnte ich auch vor dem Haus machen. Mich hat schon immer alles fasziniert was irgendwie bei uns vor der Tür passiert und so habe ich mir über die Jahre viel Wissen über die heimische Natur und auch über Fototechnik angeeignet.
Die Bereiche deiner Fotografie sind sehr vielfältig. Im Frühling bist du auf der Suche nach Blumen. Im Sommer jagst du Steinwild in den Bergen, während du im Herbst Details fotografierst. Ja und dann zur kalten Jahreszeit sieht man häufig Landschaftsbilder aus den Kanaren. Hast du bei all dieser Vielfalt eine Lieblingssparte oder liebst du genau diese Abwechslung?
Für mich ist es die Abwechslung die es ausmacht, ich fotografiere das wozu ich Lust habe. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen nur ein Sujet zu fotografieren. Ich sehe mich eher als breit aufgestellten Naturfotograf. Das ist nicht erzwungen, ich fotografiere einfach am liebsten das, was für mich besonders ist, in dem Moment in dem ich es fühle. Die Tierfotografie befriedigt meinen Jagdtrieb am besten, die Detail und Makrofotografie gibt mir die Möglichkeit sehr kreativ zu sein, die Landschaftsfotografie macht mir bei der Bearbeitung am meisten Spaß. Am Ende ist aber meine Fotografie einfach zu beschreiben, ich folge dem Licht und meinem Gefühl. Was dabei raus kommt seht ihr ja.
Wenn man dir so die Jahre gefolgt ist, kommt es einen so vor als würdest du immer wieder an dieselben Orte zurückkehren und das schon sehr lange. Was ist daran so reizend für dich oder würdest du nicht auch einmal gerne neue Regionen entdecken wollen?
Nein. Ich erlebe das Neue jeden Tag und arbeite sehr gerne vor der Haustür. Für mich ist es die Arbeit an meinem persönlichen Glück, denn wenn ich mich über jede Kleinigkeit freuen kann, dann kann ich mehr Freude erleben, jeden Tag.
Ganz im Ernst ich will mich nicht das ganze Jahr über auf eine Reise freuen, ich will mich jeden Tag freuen dürfen, da mir etwas gefällt. Sei es da es endlich wieder richtig geregnet hat, da die Luft nach Frühling riecht oder da ich ein für mich neues Stück Wald entdecken durfte.
Das Licht und die Details sind jeden Tag anders und es gibt immer etwas zu entdecken. Wie soll ich denn einen Flow finden, wenn ich nicht langfristig an Themen arbeite? Ich will nicht von Spot zu Spot rennen und auf einen guten Sonnenaufgang hoffen müssen. Ich komme gerne jedes Jahr wieder, Jahr für Jahr und Tag für Tag und mache langsam meine Bilder so wie ich sie mir wirklich vorstelle. Jeder Tag draußen ist wunderschön. Tatsächlich genieße ich die Tage an denen ich mich einfach treiben lassen kann, komplett ohne fotografisches Ziel. Hierbei entstehen meine spannendsten Bilder.
Für mich macht die Naturfotografie inzwischen wieder das aus, was für mich wichtig ist. Ich fotografiere nur noch Dinge auf die ich Lust habe und nehme es mir wieder heraus komplett unpopuläre Bilder zu machen. Mir ist wichtig mein Gefühl für Licht und Farben auszuleben, den Menschen zu zeigen wie schön es daheim ist und wenn mir danach ist die Kamera weg zu legen, der Natur zuzuhören und zu überlegen, warum mir ein Ort oder eine Stimmung besonders gut gefällt. Inzwischen bin ich immer mehr mit dem Fahrrad unterwegs und bin seit fast 2 Jahren nicht mehr ein einziges Mal geflogen. Mir macht tatsächlich das Sehen des Lichts und die Fotografie die daraus entsteht Freude und dafür muss ich nicht jeden Tag an einem anderen Ort sein.
Du bist ja sehr engagiert in der GDT. Magst du unsere Leser aufklären um was es sich dabei handelt? Welche Vorteile siehst du für ambitionierte Naturfotografen in diesen Verein ein zu treten?
Die GDT ist die Gesellschaft für Naturfotografie. Für mich ist die Herangehensweise die falsche, die Frage ist, was kannst du für die GDT tun? Und nicht die GDT für dich. 😉
Ernsthaft wir sind ein Verein und ein Verein lebt von den aktiven Mitgliedern, es ist also nicht eine Einbahnstraße, sondern eben die Chance sich zu engagieren und dadurch von anderen zu profitieren. Wir sind ein Verein voller wunderbarer Freaks, die sich alle mit Naturfotografie in all Ihren Facetten beschäftigen, Landschaft, Tiere, Pflanzen, Insekten, Abstraktem und und und.
Die GDT bietet ein Netzwerk unter den Mitgliedern wodurch ein Austausch und tolle gemeinsame Projekte realisiert werden können. Seien es Naturschutzprojekte, gemeinsame Fototouren, Vorträge, Bücher und Freundschaften.
Die GDT steht am Ende für authentische und unverfälschte Naturfotografie die im Einklang zum Naturschutz stehen kann.
Wir veranstalten jedes Jahr den renommierten internationalen Wettbewerb „Europäischer Naturfotograf des Jahres“ als auch den „Fritz Poelking Preis“. Gleichzeitig organisieren wir auch einen internen Wettbewerb, den „GDT Naturfotograf des Jahres“ und auch das internationale Naturfotografenfestival in Lünen. Dazu kommen die vielen Regionalgruppen Treffen. Als GDT Mitglied bekommt man, zudem das wohl beste Naturfotomagazin (wie ich finde) „Forum Naturfotografie“ gratis nach Hause; kann in den Canon professional Service (CPS) nutzen, kann sein Equipment bei der gemeinsamen Fotoversicherung der Aktivas zu besseren Konditionen versichern und und und.
Die GDT funktioniert nur durch Enthusiasten denen es Freude macht gemeinsam etwas zu bewegen, einfach weil es schön ist und genau deshalb engagiere ich mich selbst als GDT Mitglied, anfangs als Leiter der GDT Jugendgruppe und heute als Vorstandsmitglied.
Du hast ja bereits jahrelange Erfahrung in der Naturfotografie und speziell mit Wettbewerben. Viele male waren deine Bilder bereits unter den Gewinnern. Was wären deine wichtigsten Tipps um erfolgreich an einen Wettbewerb teil zu nehmen?
An dieser Stelle muss ich gerade schmunzeln. Tatsächlich hat sich hier mein Weltbild in den letzten Jahren massiv verändert und ich habe gerade den Einsendeschluss des WPOY vergessen. Früher waren mir die Wettbewerbe sehr wichtig, ich habe fast 10 Jahre sehr erfolgreich an internationalen Wettbewerben teilgenommen und in dieser Zeit habe ich bei den größten Naturfotowettbewerben über 100 Siegerfotos beisteuern können. Heute nehme ich nur noch vereinzelt an Naturfotowettbewerben teil die für Authentizität stehen. Also den WPOY (Wildlife Photographer of the year), den ENJ (Europäischer Naturfotograf des Jahres) und den Nature’s Best, wobei ich beim ENJ (Europäischer Naturfotograf des Jahres) als GDT Vorstandsmitglied leider seit 5 Jahren nicht mehr teilnehmen darf. Dazu unterstütze ich natürlich den GDT internen Wettbewerb und nehme hier und da noch bei einem anderen Wettbewerb teil, wenn mich die Remindermail im richtigen Moment erreicht.
Entscheidend ist für mich, dass es um authentische Naturfotografie geht, also wirklich eine qualitativ hochwertige Jury eingesetzt ist und immer eine RAWkontrolle stattfindet. Ich hab keine Lust auf Wettbewerbe die ich auch mit hochgradig manipulieren Bildern gewinnen könnte.
Tipps?
- Mach gute Bilder die deinen Stil zeigen und kopiere nicht die erfolgreichen Bilder von anderen. (Die sind ja schon ein alter Hut, wenn du sie kennst.)
- Überleg dir was von deinem Bildmaterial gut zum Wettbewerb passt. Gute Wettbewerbe habe Ihre eigene Handschrift.
- Verbiege dich nicht für Wettbewerbe. Wenn deine Bilder nicht zu einem Wettbewerb passen, dann ist das einfach so, das ist nicht weiter tragisch.
- Glaub an deine Bilder, wenn du überzeugt davon bist, dass es dein bestes Bild ist.
- Hinterfrag deine Bilder, mein Ziel sind 5 gute Bilder im Jahr und so viele gute Bilder schaffe ich so gut wie nie in nur einem Jahr.
Eine Geschichte zu Tipp Nr. 4, ich habe ein Foto gemacht, von dem ich überzeugt war, dass es mein bestes aus dem Jahr war (Im Wald aus Schachtelhalmen). Das Foto habe ich drei Jahre erfolglos zu Wettbewerben eingereicht, aber ich war und bin immer von diesem Bild überzeugt. Im vierten Jahr hat das Bild beim Europäischen Naturfotograf des Jahres, Nature Images Award, Montphoto, Glanzlichter und Oasis gewonnen und ist auf dem Cover des Montphotobuches gelandet. Was ich damit sagen will ist, jede Jury hat eine Eigendynamik und sucht das aus, was Ihr am besten gefällt. Probier dich nicht für Wettbewerbe zu verbiegen sondern sende das sein, von dem du überzeugt bist, dass es ein gutes Bild ist.
Wie ich dich kennen gelernt habe bist du ständig am planen und entwerfen von neuen Projekten. Du schreibst Bücher, arbeitest Hand in Hand mit Firmen und bist ständig am machen. Was können wir bei dir in nächster Zukunft erwarten? Darfst du uns bereits etwas verraten?
Das ist tatsächlich überhaupt nicht so einfach, da ich viele Ideen und Dinge entwickel die nie Marktreif werden. Ich habe gerade zwei neue Vorträge fertig gestellt, die ich aber noch niemandem angeboten oder gezeigt habe und dazu gibt es in vielen Bereichen NDAs gegen die ich nicht verstoßen sollte.
Wenn dieses Interview erscheint habe ich gerade die Canon EOS 1DX III vorgestellt vor der deutschen Presse, was für mich eine große Ehre war. Im Februar erscheint mein neuestes Buch „Workshop Naturfotografie vor der eigenen Haustür“ im Humboldt Verlag und das nächste halbe Dutzend Artikel die in den ersten beiden Quartalen 2020 in den Fotomagazinen erscheinen werden sind auch fertig.
Vielen Dank Radomir für das interessante Interview. Ich wünsche dir weiterhin tolle Erlebnisse in der Natur und freue mich natürlich schon riesig darauf wenn wir uns mal wieder über den Weg laufen! 🙂
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