Rupert wurde 1980 in Steyr geboren und lebt heute mit seiner kleinen Familie in Linz. Möglichst unberührte Natur und deren Geschöpfe haben ihn schon immer besonders angezogen und fasziniert. Zu fotografieren begann Rupert erst sehr spät, Ende 2011 während einer Neuseelandreise. Er hat sich dafür eine alte Kamera ausgeborgt um dort völlig unerfahren zu fotografieren. Später als er wieder zu Hause waren, aber nicht mehr damit aufgehört…

4NP: Hey Rupert es freut mich ein Interview mit dir führen zu dürfen. Wir haben uns ja erst auf der Photo+Adventure kennen gelernt. Ich finde die Vielfalt deiner Bilder einfach beeindruckend. Von künstlerischen Makroaufnahmen über Wildlife bis hin zu technisch perfekten Landschaftsaufnahmen hast du ja alles in deinem Portfolio. Wie kamst du zur Fotografie. War da erst die Liebe zur Natur oder Fotografie?

Rupert: Hi! Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Herzlichen Dank für das Interesse und die Gelegenheit. Ja, ich mag‘s gerne abwechslungsreich und es freut mich, wenn das zumindest bei manchen auch geschätzt wird. Ich habe mir Abwechslung in meinen Arbeiten aber nie als erfolgversprechendes Konzept überlegt, sondern mache das einfach aus Eigeninteresse so. Mich selber beeindrucken aber auch Leute, die ein breit gefächertes Portfolio/Können (das bezieht sich nun nicht nur auf die Naturfotografie) haben, tendenziell mehr. Für mich selber ist es einerseits ganz klar wo die Grenzen meiner fotografischen Interessen liegen, nämlich dort wo weitgehend unbeeinflusste Natur aufhört. Andererseits kann ich mich innerhalb der Naturfotografie für alle Themenbereiche gleichermaßen begeistern, wobei ich Bilder mit Wildtieren wahrscheinlich ein bisschen spannender finde als andere. Es ist in meinem Fall also ganz zweifelsohne die Natur die mich zur Naturfotografie brachte und nicht die Fotografie. Ich habe nie etwas anderes fotografiert und sehe mich selber eigentlich immer noch nicht wirklich als Fotograf. Eher einfach als jemand, der gerne draußen ist und dabei Bilder macht, um auch anderen etwas davon zeigen zu können. Unberührte Natur zieht mich seit ich mich erinnern kann enorm in ihren Bann, es hat dann allerdings 31 Jahre gedauert, bis ich einen Weg gefunden habe, um diese Verbundenheit auch ausleben zu können. Nun habe ich in der Naturfotografie das für mich ideale Tool entdeckt um auch meinen Platz da draußen zu finden. Gelernt, im Sinne einer Ausbildung, habe ich aber weder Fotografie noch Biologie oder Naturkunde, auch wenn ein Biologiestudium für mich einmal ein Thema war. Ich habe mich dann aber für eine andere Studienrichtung entschieden. Heute wünschte ich ein bisschen, ich hätte damals einen Bereich der Biologie gewählt.

4NP: Ich erinnere mich noch an die Glanzlichter bei Fürstenfeldbruck. Damals ist mir ein Bild total hängen geblieben. Ich stand davor und überlegte wie es wohl entstanden ist und was alles nötig war um das Bild so ablichten zu können. Dabei handelt es sich um eine sehr kreative Aufnahme eines Buschwindröschen. Kannst du uns kurz etwas zu diesen Bild erzählen.

Rupert: Das Bild ist eine ganz simple Freihandaufnahme mit einem 100mm Macro bei f2.8 und 1/3200sec. Eines der so wunderbaren Beispiele welche unglaublich faszinierenden und schönen Momente die Natur bereithält. Nebenbei auch ein Beispiel für ein Foto, bei dem ich selber erst im Nachhinein zur Gänze verstanden habe, welche Elemente zusammenkommen mussten, um so eine Situation entstehen zu lassen. Wie alle meine Bilder zeigt es eine Szene ohne jegliche künstliche Beeinflussung, Retusche oder spezielle Aufnahmetechnik. Ich arbeite auch stets ohne Blitz, künstliches Licht oder künstlichen Schatten, da für mich das natürliche Licht auch zur authentischen Wiedergabe eines Naturmoments gehört. Das Bild selbst wurde um die Mittagszeit bei hartem Sonnenlicht in einem eher dunklen Waldstück aufgenommen. Im Hintergrund der beiden Buschwindröschen (es sind eigentlich zwei zu sehen) befindet sich ein kleines Waldbächlein. Die Wasseroberfläche und -bewegungen reflektieren das harte Sonnenlicht nur ganz punktuell. Diese Reflexionspunkte sind dann als Bokeh zu sehen. In diesem speziellen Fall gab es eine kleine Stelle an der Wasseroberfläche, die sich nur ganz sanft bewegte und so keine ganz klar definierten Reflexionspunkte erzeugte, sondern – ich weiß nicht genau wie ich es nennen soll – “Reflexionsschlieren”. Diese sind aber wiederum aufgrund der Distanz zum Hauptmotiv nur als eine Art Bokeh erkennbar (durch das harte Mittagslicht aber klar definiert) und erzeugten so diese unglaublichen Formen. Zusätzlich zu all diesen Ingredienzien war entscheidend – und das habe ich erst ein Jahr später verstanden -, dass ein etwas weiter entfernter Baum seinen unscharfen Schatten über das Geschehen wandern lassen musste, um für einige kurze Augenblicke das Sonnenlicht soweit zu dimmen, dass es mir möglich war, den riesigen Dynamikumfang in den Griff zu bekommen.

4NP: Der Schutz und die Liebe zu unserer Natur liegt mir sehr am Herzen. Doch hin und wieder kommt es mir vor, als würden wir Fotografen manchmal das Gegenteil bewirken. Wir reisen viel, vermarkten die schönsten Plätze auf Instagram usw. Das macht mich teilweise wirklich traurig. Eigentlich würde man ja gerne das Gegenteil bewirken wollen. Hast du Ideen wie man Naturfotografie und Naturschutz vereinen kann?

Rupert:  Da kommen wir nun natürlich zu den wesentlichen Themen. Dass sich Naturschutz und Naturfotografie gegenseitig per se ausschließen, würde ich aber ganz und gar nicht meinen. Den allermeisten NaturfotografInnen, die ich kenne (klar, irgendwie auch meine Bubble), liegt Naturschutz nicht nur ehrlich am Herzen, sondern wird durch deren Arbeit auch unterstützt. Ich denke (Natur)fotografInnen sind wohl so unterschiedlich wie die Menschen an sich. Es kommt stets auf den Charakter, die Einstellung und Herangehensweise an. Sowohl was das Verhalten in der Natur also auch die Absichten und verfolgten Ziele betrifft. Instagram und Vermarktung dürfen beim Fotografieren vor Ort natürlich keine übergeordneten Ziele sein. Als größtes Dilemma, zu dessen Lösung ich, als für mich wichtigstes Ziel, etwas beitragen möchte, sehe ich zur Zeit die heute übliche und allgegenwärtige Abstraktion des Naturbegriffes, welche die Gefahr der völligen Entfremdung birgt und mit dem weitgehend verloren gegangenen Zugang der Menschen zu unbeeinflusster Natur einhergeht. Dieser Abstraktion geht das Fehlen von authentischen Naturerfahrungen voraus. Das Bewusstsein um den Charakter echter Natur ist in unserer Gesellschaft zumeist soweit getrübt, bis beeinflusste, geschädigte oder zerstörte Natur nicht mehr als solche erkannt wird. Eine Kuhweide in den Bergen oder ein Forst sind keine Wildnis. Ich halte es also für essenziell den Menschen den Zugang zu echter Natur zu ermöglichen, damit sie wieder eine Bindung aufbauen können. Denn ohne diese Bindung wird es keine Wertschätzung geben. Ich zweifle aber nicht daran, dass jeder Mensch eine naturgegebene, positive Bindung zu echter Natur hat. Diese gilt es aber entweder zu bewahren oder wiederherzustellen. Wenn beispielsweise mein einjähriger Sohn augenblicklich den eben noch faszinierten Blick vom großen blinkenden Müllwagen abwendet, um stattdessen mit offenem Mund und großen leuchtenden Augen aufgeregt einem kleinen Eichhörnchen hinterher zu johlen, dann ist für mich schon so viel erreicht. Wie der Kontakt naturentfremdeter Personen zur Natur jedoch am besten zustande kommt, ist nun die für mich entscheidende Frage. Nämlich ohne, dass die Natur mangels Zugehörigkeitsempfinden postwendend erheblichen Schaden nimmt (Stichwort Tourismus, Selfies, füttern, pflücken, etc.). Sperrt man die Leute aus, beraubt man sie der Erfahrung, ermöglicht man den Zugang, muss man Zerstörung in Kauf nehmen. In beiden Fällen ist ein authentisches Naturerleben dann nicht mehr möglich und das Schaffen einer Beziehung wird verhindert. Authentische Naturmomente in Form von Fotos einem (im besten Fall möglichst breiten) Publikum zu zeigen ist (m)ein kleiner Beitrag zur eventuellen Lösung dieser Problematik. Vielleicht kann so ein erster, gefahrloser Zugang geschaffen werden. Selbstverständlich muss man sich als Naturfotograf aber auch der etwaigen negativen Auswirkungen der Bildveröffentlichungen bewusst sein. Speziell bei sensiblen Habitaten und Spezies versuche ich immer bestmöglich abzuwägen welche Informationen an wen weitergegeben werden. Ganz bestimmt habe aber auch ich noch enorm viel zu lernen, muss versuchen Fehler zu vermeiden und nicht naiv zu sein.

4NP: Du bist ja bereits ein erfahrener Naturfotograf und arbeitest sogar komplett selbstständig in diesem Bereich. Welche Tipps würdest du Leuten geben, welche gerade mit der Naturfotografie beginnen?

Rupert: Ja, für mich ist es nach wie vor schon recht verrückt, dass ich davon momentan tatsächlich leben kann. Speziell da ich meine Art zu fotografieren immer noch ganz genau so betreibe – nämlich so wie es mich am meisten erfüllt – als zu jener Zeit, in der ich kein Geld damit verdient habe. Ich muss allerdings sagen, dass es hier noch deutlich Luft nach oben gibt und es mir hilft, dass ich  generell sehr sparsam bin und auch aus Prinzip versuche mit möglichst wenig auszukommen. So halte ich mich momentan unter anderem mit dem Verkauf von Prints, Lizenzen und dem Anbieten von Workshops über Wasser. Ich habe mit meiner Fotografie aber nie finanzielle Interessen verfolgt, es ist aber natürlich fantastisch, wenn es auch Geld abwirft und ich so meine Zeit nicht woanders investieren muss, um Geld zu verdienen. Ich bin aber noch nicht lange genug komplett selbstständig um mir zum jetzigen Zeitpunkt ernsthaft abschätzen zu trauen, wie sich meine Selbstständigkeit als Naturfotograf in Zukunft entwickeln wird. Momentan bin ich aber sehr happy und dankbar, dass es überhaupt schon mal so weit gekommen ist. Meinen Reichtum messe ich aber freilich auch nicht in Euros, sondern in den Erlebnissen, die es mir erlaubt ist zu haben. Ich persönlich denke also, Naturfotografie vorrangig als lukratives Geschäftsmodell zu verstehen ist nicht sehr ratsam und ebenso wenig erstrebenswert wie erfolgversprechend. Vielmehr wird eine ehrliche Begeisterung für die Natur Grundvoraussetzung sein. Dann ist es auch nie eine Enttäuschung ohne Bilder nach Hause zu kommen, denn das gehört zweifellos dazu. Mir hat es zudem sehr geholfen, dass ich vor meiner Selbstständigkeit einen Job hatte, der mich finanziell halbwegs absicherte und mir dennoch genügend Freiraum und Ressourcen erlaubte, um die Fotografie ernsthaft zu betreiben. Wenn man die Möglichkeit zu so einer Konstellation hat, denke ich ist das eine recht gute Ausgangssituation. Aber wenn es ums Business geht, bin ich einfach selber bestimmt noch viel zu unerfahren, um diesbezüglich großartig Tipps geben zu wollen.

Was Tipps zu den gestalterischen Aspekten betrifft bin ich ebenso sehr zurückhaltend, weil es sich um einen kreativen Prozess handelt und ich der Meinung bin, dass es dafür keine verbindlichen Richtlinien geben kann. Maximal Ratschläge und Einschätzungen. Und ich kann versuchen zu erklären wie es für mich am zielführendsten ist. In der Regel versuche ich, mir die jeweilige Gesamtsituation und deren Eindrücke, die mich draußen im Moment faszinieren, bewusst zu machen und bildlich umzusetzen. Ich meine, das schafft man zumeist am besten, wenn man dem eigentlichen Hauptmotiv nicht zu viel Aufmerksamkeit schenkt. Das Hauptmotiv ist meistens ohnehin klar und oft nur die Krönung einer viel größeren Szenerie und es kann ein lohnender Versuch sein, es auch auf diese Art zu fotografieren. Speziell in der Wildlifefotografie kann es sehr einschränkend sein, stets der möglichst bildfüllenden und gestochen scharfen Abbildung nachzujagen. Aber auch aus ästhetischen Gründen rate ich davon ab, sich zu sehr auf das Hauptmotiv zu konzentrieren. Für mindestens so wichtig halte ich es, penibel darauf zu achten, welche visuell störenden Elemente nicht im Bild sein sollen. Ich glaube ich schenke den Elementen, die ich nicht im Bild haben möchte mehr Aufmerksamkeit als jenen, die ich schon im Bild haben will und empfinde es meist als den deutlich besseren Kompromiss auf ein erwünschtes Objekt im Bild zu verzichten, als die Abbildung eines unerwünschtes in Kauf zu nehmen. Durch diese Herangehensweise ergibt sich die Möglichkeit zu einer Aufnahme oder der Bildausschnitt und die Perspektive oft schon weitgehend von selbst. Weiters mache ich nur recht wenige Fotos, diese aber sehr bewusst und ich kümmere mich nicht allzu viel um technische Perfektion. Generell beschäftige ich mich mit der Technik nur soviel, wie unbedingt nötig.

4NP: Auf welche Projekte von dir dürfen wir uns in Zukunft freuen? Magst du uns schon etwas verraten?!

Rupert:  Haha, danke der Nachfrage 😉 Das ist so eine Sache mit mir und den Projekten … Wie ich schon bei der ersten Frage anklingen ließ, bin ich eher der Typ der die Kamera schnappt, raus geht und schaut was passiert. Großartige Pläne, ein Konzept oder gar ein spezielles Bild im Kopf habe ich dabei eigentlich so gut wie nie. Der Hauptgrund hierfür ist zum einen eben die Tatsache, dass ich mich für alles was die Natur im Moment bietet begeistern kann und zum anderen wahrscheinlich, dass ich beim Verfolgen von vorher konkret gesteckten Zielen stets das Gefühl hätte, nebenbei etwas anders zu versäumen. Das ist zum Beispiel auch der Grund, warum ich quasi nie Hides verwende, weil ich hier meine Sicht(weise) – im wahrsten Sinne des Wortes – sehr einschränke. (Ganz abgesehen davon finde ich Begegnungen ohne Hide intensiver und spannender.) Somit gehe ich bislang eigentlich immer weitestgehend ohne Konzept und ohne konkrete Vorstellungen raus, weiß aber natürlich schon wann ich in etwa wo sein soll, um generell Chancen auf verwertbare Aufnahmen zu haben. Allerdings bin ich momentan gerade dabei diese Vorgehensweise zu überdenken bzw. daran zu arbeiten auch konzeptorientiert und projektbezogen zu fotografieren. Natürlich habe ich aber etliche Themen, die ich zum Teil auch schon sehr lange fotografisch bearbeite, nur habe ich diese selber nie als Projekte bezeichnet und gesehen, bzw. hatten diese bislang nie eine bestimmte Zielsetzung. Wie erwähnt versuche ich aber gerade mich hier weiterzuentwickeln. Der fotografische Output wird dann bestimmt ein anderer sein und ich kann dabei sicher eine ganze Menge lernen. Also seid gespannt, wie die Sache ausgeht 😉 Bestimmt werde ich aber nach wie vor einfach möglichst viel Zeit draußen mit der Kamera verbringen. Wichtig ist mir aber in jedem Fall, dass die Bilder auch in einem vernünftigen Rahmen, und auch außerhalb des Internets, gesehen werden. Schließlich ist das Gesehen-Werden-Können die einzige Eigenschaft, die ein Foto hat. Und um diesbezüglich mehr zu erreichen, sind Projekte wahrscheinlich eine gute Sache.

4NP: Vielen Dank Rupert, dass du dir die Zeit für dieses Interview  genommen hast! Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg in der Naturfotografie, schöne Begegnungen und eine tolle Zeit als junger Papa.

 

 

 

 

 

 

 

 

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