Sarah Böhm ist 31 Jahre alt, ihre Heimat liegt ganz im Osten Deutschlands nahe bei Frankfurt (Oder). Da ihr Tiere schon immer am Herzen lagen, hat sie in Berlin Tiermedizin studiert und arbeite nun als amtliche Tierärztin für Tierschutz, Tierarzneimittelüberwachung und Tierseuchenbekämpfung im Veterinäramt in der schönen Stadt Neuruppin. Doch nicht nur für den Schutz der Tiere setzt sie sich ein, sie ist ebenfalls eine exzellente Fotografin rund um die Tierfotografie.


Hallo Sarah, deine Bilder verfolge ich schon viele Jahre und du gehörst für mich sicherlich zu den talentiertesten weiblichen Naturfotografen die ich kenne. Daher freut es mich umso mehr, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst! Kannst du uns etwas dazu sagen wie du zur Fotografie gekommen bist? Wie hat bei dir alles begonnen?

Ist es schon 10 Jahre her… wie die Zeit verfliegt! Ein Naturkind war ich wohl schon immer, Tiere habe ich damals schon gerne beobachtet. Aber als mich die neue Spiegelreflex meiner Eltern vor dem Norwegenurlaub anfunkelte, zog es mich sofort raus und ich fotografierte alles, was mir vor die Linse kam. Durch viel Ausprobieren und die Hilfe von jetzigen Fotofreunden, die ich im Naturfotografenforum kennenlernte, wurde aus dem anfänglichen Hobby schnell eine große Leidenschaft und heute kann ich mir nicht vorstellen, auch nur eine Woche die Kamera aus der Hand zu legen und nicht draußen in der Natur zu sein.  Es ist eher die Verbundenheit zur Natur, die mich immer wieder früh vor Sonnenaufgang aus dem Bett zieht. Ich liebe zudem malerische Lichtstimmungen, die man eben nur in den Morgen- und Abendstunden vorfindet und man so auch den künstlerischen Aspekt in seine Aufnahmen einfließen lassen kann.  

 

Du bist als amtliche Veterinärmedizinerin tätig. Dazu hast du noch ein Drohnenprojekt zur Rehkitzrettung ins Leben gerufen. Man merkt besonders schnell bei dir, dass dir die Tiere sehr am Herzen liegen. Wie lässt sich in deinen Augen Naturfotografie und Naturschutz sinnvoll verbinden? Ist das überhaupt möglich oder sind wir nur ein störendes Element in der Natur? 

Ich denke, dass Fotografen einen wichtigen Aspekt des Naturschutzes bilden können. Durch berührende Bilder und spannende Momentaufnahmen bringen wir den Menschen das verlorene Stück Natur wieder, welches im modernen Leben oft zu kurz kommt und wonach sie sich ja eigentlich auch oft sehnen. Und bekanntlich schützt man nur das, was man auch kennt. Auch die Umweltbildung ist so ein Aspekt. Man sollte die Kinder schon früh an das Thema heranführen, weshalb ich es auch sehr begrüße, dass einige Fotografen an Schulen Vorträge halten. Auch durch solche Projekte wie z.B. mit der Wärmebilddrohne kann man als Fotograf das Schöne mit dem Nützlichen verbinden und selbst Tierschützer, Landwirte und Jäger morgens um halb 4 auf einer Wiese zusammentrommeln, um gemeinsam Rehkitze zu retten. Dennoch sollten wir vorsichtig sein, was unsere Vorgehensweise und unseren Ehrgeiz betreffen. Ich will da nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen, aber mir ist es selbst schon passiert, dass ich durch meinen Ehrgeiz, ein gutes Bild im schönen Licht zu schießen, einen Jungdachs vom Muttertier getrennt habe. Bis heute weiß ich nicht, ob ich damit Schaden angerichtet habe, aber ich habe es in Kauf genommen für ein Foto. Danach war ich über mich selber erschrocken und habe seitdem viel mehr aufgepasst und meine Herangehensweise immer mehr hinterfragt. Auch der Fototourismus ist so ein Thema. Ich würde unglaublich gern so viele Länder auf der Welt bereisen und erkunden, Neues entdecken und festhalten. Aber dann frage ich mich, ob der Fototourismus unbedingt sein muss und ob man ihn nicht begrenzen sollte der Umwelt zuliebe. Es ist ein Drahtseilakt, den man als Fotograf selber für sich abwägen muss, um auch mit gutem Gewissen seine Fotos der Allgemeinheit präsentieren zu können. Insgesamt überwiegt für mich jedoch der Zugewinn durch die Naturfotografen, die sich mit ihrer Umwelt beschäftigen und auch viele Projekte zum Schutz dieser unterstützen. 
 

Ein Großteil deiner Bilder sind Aufnahmen von Wildtieren aus deiner unmittelbaren Umgebung. Egal ob Rehe, Frösche, Füchse oder Biber. Du bekommst wirklich alles im perfekten Licht vor die Linse. Wieviel Vorbereitung und Zeit steckst du in solche Projekte? Kannst du etwas über deine Herangehensweise erzählen?

Schön wäre es, wenn ich alles perfekt vor die Linse bekommen würde… Aber da spricht wohl der Perfektionist aus mir. Zeit ist natürlich der wichtigste Faktor und ich versuche, einfach so viel Zeit wie möglich neben Job, Familie und Freunden und anderen Hobbies in die Fotografie zu investieren. Obwohl es eigentlich keine Investition ist, sondern eher Erholung und Entspannung vom Alltag. Ich betreibe tatsächlich keine Projektfotografie. Ich lasse mich da eher treiben und fotografiere, was mir begegnet. Wenn ich dann eine spannende Begegnung mit einer Tierart hatte und diese ausbauen möchte, dann sitze ich auch einige Wochen nur dort an und versuche, die jeweilige Tierart möglichst ungestört vor die Kamera zu bekommen. Dazu tarne ich mich möglichst gut und bringe viel Sitzfleisch mit, denn das ist nötig, um gute Einblicke in das Leben von Wildtieren zu erlangen.  

 

Es gibt bestimmt einige Leute die auch versuchen so geniale Aufnahmen wie du zu erstellen. Dabei die Tiere aber nur verscheuchen und ohne gute Ergebnisse nach Hause gehen. Was sind die wichtigsten Tipps für andere Fotografen, um die Wildtiere nicht unnötig zu stören?  

Nun, es gibt da schon einige Regeln, an die man sich halten sollte. So wenig wie möglich als Mensch auffallen, sich nicht bewegen, die Windrichtung beachten und am besten aussehen wie die Umgebung. Aufmerksam bleiben und auch nach einigen Stunden Ansitz nicht das Handy zücken, denn diese paar Sekunden können oft die Gelegenheit für Monate gewesen sein. Man sollte sich vorab mit der Tierart beschäftigen, um herauszufinden, welche Verhaltensweisen sie an den Tag legen und wie ich mich am besten verhalten muss. Das kostet viel Zeit, dessen sollte man sich bewusst sein. Aber es ist auch der schönste Zeitvertreib der Welt, die Natur beim Ansitzen zu beobachten und alles in sich aufzunehmen. Eine gewisse Art der Meditation, so kann man es vielleicht auch ausdrücken.  

 

Mich haben deine Wolfsbilder auch extrem fasziniert. Bei mir in Bayern scheint der Wolf noch nicht wirklich angekommen zu sein. Wie sieht es Brandenburg aus? Kannst du uns etwas über die Entwicklung der Wölfe in Deutschland erzählen?  

Danke sehr! In Brandenburg hat sich der Wolf gut etabliert, wir haben hier ja auch noch recht viel Fläche und wenig Menschen  (im Verhältnis zu einigen anderen Bundesländern). Nun, die Entwicklung habe ich tatsächlich gar nicht so intensiv mit verfolgt wie vielleicht andere Fotokollegen. Aber vor ein paar Jahren entstand dann doch der Wunsch, diesem faszinierenden Tier näher zu kommen und es auch einmal live zu sehen. Nach nur 3 Tagen hatte ich das erste Foto eines Jungwolfes im Schnee auf der Karte. Dann kam sehr lange nichts mehr, obwohl ich oft Spuren und Hinterlassenschaften fand. Für Wolfsaufnahmen besuchte ich dann im Herbst ein anderes Bundesland, um sie dort recht ungestört beobachten zu können. Derzeit haben wir in unserem Landkreis mehrere Rudel, die ich hoffentlich irgendwann auch noch vor die Kamera bekomme.  

 

Gibt es fotografische Projekte welche dich besonders reizen würden? Auf was dürfen wir uns in Zukunft bei dir freuen? Hast du eine Reise geplant oder eine bestimmte Tierart in deiner Heimat? 

An sich reizt es mich, meine Heimat Brandenburg weiter zu erkunden und auch in schönen und spannenden Aufnahmen festzuhalten. Ich würde hier gern noch intensiver Wölfe und See- und Fischadler fotografieren, aber ich versteife mich nicht auf diese Tierarten. Füchse nehme ich bekanntlich immer mit. 😉 Es wird eben nie langweilig, es gibt noch so viel zu entdecken vor der Haustür.  

Da aber auch mich manchmal das Fernweh packt und ich Berge einfach liebe, ziehen mich die skandinavischen Länder sowie Kanada magisch an und vielleicht verschlägt es mich demnächst auch wieder dorthin. Kanada hat mich fasziniert, die Nähe zu den Tieren im Nationalpark, die fantastische Umgebung, die Wetterumschwünge, die Weite und die Vielfalt. Wenn ich frei wählen könnte und es nicht so weit weg wäre, würde ich wohl dieses Land öfter besuchen oder sogar dorthin ziehen.  


Vielen Dank für das interessante Interview Sarah. Ich wünsche dir weiterhin viele schöne Begegnungen in der Natur und tolles Licht. Freue mich deine Bilder auch in Zukunft genießen zu können und wünsche dir eine wunderschöne Zeit!

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Text & Bilder:

Sven Herdt

 

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