Text & Bilder von Sven Herdt
Heute habe ich keine Bilder für euch, statt dessen einige Gedanken… Vor wenigen Wochen war ich bei Nicolas Alexander Otto im Podcast über Landschaftsfotografie. Nachdem wir uns etwas ausgetauscht hatten, kam er auf das Thema Naturschutz. Obwohl mir dieses Thema wirklich am Herzen liegt war ich total überrumpelt, was das Ganze betrifft. Seit dem hab ich mir weitere Gedanken gemacht und bin noch immer dabei. Doch lest weiter was mich so beschäftigt…
“BITTE schreibt mir doch in die Kommentare eure Gedanken zu diesen Thema. Ich bin gespannt was uns alles so einfällt, wie man mit unseren Bildern auch wirklich etwas erreichen kann!”
nur Negatives…
Ich bin Naturfotograf, was bedeutet, dass die Natur mir auch am Herzen liegt. Nur deshalb bin ich wohl auch in diesen Bereich der Fotografie tätig. Es gibt unter meinen Kollegen Menschen, welche Insekten mit Eisspray töten nur um an gute Bilder zu kommen. So etwas werde ich nie verstehen. Ich bin doch in erster Linie Naturfotograf weil ich gerne in der Natur bin, die Landschaften und Tiere genieße. Die Bilder sind dann für mich nur das Nebenprodukt meiner Leidenschaft.
Doch nun zeigen wir nicht mit den Finger auf andere Leute. Auch ich bin bei meiner ersten Überlegung für unseren Planeten nicht gerade eine sündenfreie Person. Im Gegenteil…. Ich habe mehrere Flüge jährlich. Fahre für einen guten Fotospot auch mal 3 Stunden Auto und schleudere somit den Dreck nur so raus. Meine CO2 Bilanz könnte wohl um einiges besser sein. Auch versorge ich das Internet mit schönen Bildern. Zuerst kommen die Rucksacktouristen und Fotografen. Der Rest folgt. Ich zähle mich hierbei zu beiden sparten. Ich reise bevorzugt sehr flexibel mit Rucksack an abgelegene Orte weg von der Masse. Danach beliefere ich dann Facebook, Instagram und co. mit Fotos und mache somit Werbung für die Gegend. Natürlich mag ich mir nun nicht anmaßen, dass meine Bilder so erfolgreich sind. Doch ich bin wie immer einer von vielen und weitere Leute werden folgen. Negatives zu finden ist ziemlich einfach in diesem schwierigen Themenbereich. Doch bin ich kein großer Fan von negativen Nachrichten. Die Naturfotografie muss doch auch mit dem Naturschutz zu vereinbaren sein, ja sogar unterstützen können oder etwa nicht?
In meinem Privatleben versuche ich einen möglichst kleinen Fussabdruck zu hinterlassen. Nahrung soll am besten regional und biologisch sein. Ich esse z.B. nur einmal im Monat Fleisch und vermeide wenn möglich Plastik. Trenne meinen Müll, trage Klamotten bis sie wirklich zerstört sind etc. Doch in der Fotografie ist dies nochmals schwieriger oder nicht?!
Wäre es nicht besser einer von vielen Stadtmenschen zu sein, die sich nicht für die Natur interessieren aber eben auch nicht in Kontakt mit ihr kommen und sie stören? Oder wäre dann ihr Schutz noch viel mehr in Gefahr wenn sich keiner mehr darum schert und höchstens mal kurz zur Erholung genutzt wird?
zu vermeiden…
Nun überlegen wir einmal was es zu vermeiden gibt bevor wir aktiv werden. Ein Großteil der Bilder werden heute in Sozialen Medien gepostet. Den Wahnsinn mit Instagram und co. kann man sowieso nicht mehr aufhalten. Doch bitte ich hiermit alle einige Dinge zu vermeiden. Ich weiß “likes” sind geil. Ja man vermarktet wohl inzwischen gar nicht mehr seine Bilder, sondern sein Leben. Möglichst abenteuerlustig und cool wirken so heißt das Motto von vielen. Wenn dann z.B ein beleuchtetes Zelt unter der Milchstraße vor den Drei Zinnen steht, kommt dies mit Sicherheit gut bei den Fans an. Doch jedes Bild findet seine Nachahmer und der Schneeball kommt ins rollen. Bitte denkt bei solchen posts an die Folgen. Besonders bei den Storys von vielen Fotografen stellt es mir die Haare auf. Genießt doch einfach die Natur und euer Abenteuer. Macht eure Bilder aber vermarktet nicht wie man am besten Plätze kaputt macht.
Think global / Act local oder doch nur Politik?
Vor meiner Haustüre gibt es so viele fotografische Möglichkeiten. Ich könnte wohl in 50 km Umkreis ganze Projekte starten. Direkt in meinem Garten wachsen wilde Orchideen. Weitere 200m entfernt im Wald kommen die Feuersalamander jeden Herbst zum Vorschein. Nach 5km ein Auerhahn im Frühling. Auch zum NP Berchtesgaden habe ich nicht weit. Ja ich bin immer in der Heimat unterwegs und liebe auch die Natur vor der Haustüre. Das kann ich nur jeden empfehlen. Auch wenn es nicht gleich ein Nationalpark ist, doch findet man wohl überall lohnenswerte Motive für die Naturfotografie. Vor allem im Makrobereich kann man sich vielerorts austoben… Ja und trotzdem fliege ich immer weg ich weiß! Immer auf der Suche nach Neuen. Meine innere Unruhe drängt mich raus. Auch ist es schwer als Naturfotograf zu leben. Wenn man dann auch noch bei sich vor der Hautüre bleibt ist es wohl kaum möglich. Aber ist mein CO2 Ausstoß wirklich so schlimm? Wenn ich daran denke, dass nur 15 Schiffe jährlich soviel Schadstoffe erzeugen wie 750 Millionen Autos. Ist nicht viel mehr Handlungsbedarf in der Politik notwendig um solche Dinge zu unterbinden? Fleisch endlich wieder teurer zu machen? Schadstoffe zum Schutz der Insekten verbieten? Aber nein unsere Landwirtschaftsministerin fordert höhere Strafen für Aktivisten welche Bildmaterial von Massentierhaltung anfertigen. Ja und bei den Schadstoffen werden zwar welche verboten um das Volk glücklich zu machen, doch im selben Atemzug kommen neue auf den Markt. Kann ich irgendwie mit Bildern die Politik erreichen oder sind wir sowieso nur noch Opfer unserer Witschaft?
Abschreckende Bilder und schöne Orte
Vielleicht wäre es auch eine Möglichkeit abschreckende Bilder zu posten. Den Mageninhalt (Plastik) von Meerestieren z.B. schön um deren Kadaver trapiert? Verhungernde Eisbären wegen der Klimaerwärmung? Getötete Orang-Utans im Regenwald, welche Opfer der Palmölindustrie wurden? Kann man so noch Menschen wach rütteln oder leben wir zu sehr in unserer Hochglanzwelt? Wir klicken dann vielleicht den Schokierbutton in Facebook aber sind zu faul geworden um wirklich etwas bewegen zu wollen… oder hilft es mehr die Schönheit der Natur zu zeigen. Das Schützenswerte, um den Betrachter zu vermitteln wie einzigartig unsere Natur doch ist. Aber trotzdem auf Missstände hinweisen. Ich denke eine Mischung machts. Zeig deine schönen Bilder aber bring auch immer wieder mal einen Schocker!
Organisationen und eigene Projekte
Ein Teil wie ich zum großen beitragen kann wäre wohl Organisationen zu unterstützen. Wenn ich Bilder verkaufe und dann einen Teil davon spende oder aber meine Bilder zur Verfügung stelle. Photocircle.net hat hierbei ein wirklich schönes Konzept entwickelt. Fotografen können sich wie gewohnt bewerben und anmelden um über diese Agentur ihre Bilder zu vermarkten. Dann werden mit jeden verkauften Bild Non-Profit-Organisationen unterstützt. So z.B SeaShepherd, Borneo Orangutan Survival (BOS) und etliche andere. Warum nicht auf diesen Wege seine Bilder vermarkten? oder man bleibt bei seiner bisherigen Agentur aber spendet trotzdem einen kleinen Teil seines Geldes. Die Leute welche Bilder gekauft haben werden sich freuen und man selber noch viel mehr. Nicht zu vergessen die Organisation für die das Geld ist…. 🙂
Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte kann natürlich auch eigene Projekte starten. Man kann ja klein Anfangen wie z.B. auf den Bau von Nistkästen hinweisen wenn der Winter zu Ende geht oder wie Kevin Winterhoff Rehkitze vor Mähwerken retten, dokumentieren und darauf aufmerksam machen. Natürlich gibt es nach oben hin keine Grenze. Wenn man gut ist kann man auch als Botschafter für einen bestimmten Bereich enden. Man dokumentiert z.B. das Aussterben der Eisbären. Hält im Anschluss Vorträge, macht Ausstellungen, sammelt Gelder und geht somit dagegen vor…
Ihr seht schon meine Gedanken überschlagen sich und dieser Blogeintrag ist dadurch nicht sonderlich gut gegliedert. Doch vieles schwirrt durch meinen Kopf und wollte raus auch wenn nur sehr kurz angeschnitten… Am Ende wollen wir alle nur unsere Welt genießen und fotografisch fest halten. Da unterscheidet sich niemand. Wir sind alle ein Teil davon. Wir fliegen und reisen überschwemmen Länder und hinterlassen somit unsere Spuren. Ich bin da nicht besser als jeder andere…. Aber nun würden mich wirklich auch eure Ansichten interessieren. Was denkt ihr zu den Thema? Was wäre ein sinnvolles Projekt welches man auch umsetzen kann? Wie kann ich mit meinen Bildern der Natur nützen? Welche Organisationen freuen sich über Bildmaterial?
So oft lese ich bei den Fotografen sie wollen mit ihrer Fotografie zum Schutz unserer Erde beitragen doch wie machen sie das?
Mit dem Podcast von Nicolas Alexander Otto hat alles begonnen. Doch bin ich noch nicht wirklich schlauer geworden. Die LÖSUNG gibt es wahrscheinlich sowieso nicht. Vielmehr ein Zusammenspiel von vielen Dingen wie man sich als Naturfotograf gibt und was man unterstützt…
Ich danke euch wenn ihr hier mit mir eine richtige Diskussion eröffnet! 🙂
LG Sven
also… hmm, schwieriges Thema. Grundsätzlich ist es oft ja so, dass ein Thema erst durch ein Bild, das bekannt wird, eines wird. Insofern haben Fotografen, denke ich, schon eine sehr wichtige Rolle.
Ich bin im Ruhrgebiet groß geworden, einer Gegend, die seit 1800 massiv unter Umweltzerstörung gelitten hat – “dank” der gravierenden Strukturkrise seit den 60er Jahren war man aber dort gezwungen, in einer anderen Richtung zu denken.
Inzwischen wachsen aber auf Industriebrachen seltene Pflanzen leben fast ausgestorben geglaubte Tiere: an Ruhr und Wupper weiß ich z.B. mehr Plätze mit Eisvögeln als hier im schönen Tirol. Es geht also schon etwas, wenn man das Ruder herumwirft. Offenbar braucht es dafür aber wirklich Bewusstsein, ja Druck – aber als Fotograf hat man eines der wirksamsten Werkzeuge in der Hand, zumindest Bewusstsein zu schaffen. Und um bei meinem Beispiel zu bleiben, die Bilder von rauchenden Schloten und toten Fischen haben sicher dazu beigetragen – genauso, wie jetzt die Bilder von den Ruhr-Eisvögeln zeigen, dass es Sinn gemacht hat, etwas zu ändern.
Wie man das Ganze ganz persönlich mit der eigenen Ökobilanz in Balance bringt, allein mit den vielen Flugkilometern, mit diverser Technik, die sicher weder umwelt- noch menschenschonend hergestellt noch entsorgt werden kann…hmm, ich fürchte, das wird sich “hauen”, wie so vieles im Leben voller Widersprüche steckt, denen man nicht entkommen kann. Wär eigentlich mal eine Frage für https://sz-magazin.sueddeutsche.de/tag/die-gewissensfrage 😉 – ich glaube ganz einfach, wenn man sich Gedanken macht und sich bemüht, ist auf jeden Fall schon viel gewonnen…
Ich weiß nicht, ob das wirklich vergleichbar ist, aber angesichts der Bilder von Robert Capa oder James Nachtwey z.B. hab ich viel über die Diskussionen gelesen, wie moralisch vertretbar es ist, als Fotograf in Kriegen “herumzustehen” und Fotos zu machen von Elend und Leid (auch noch mit einer gewissen Ästhetik) statt einfach zu helfen. Im Endeffekt ist ihnen zu einem wesentlichen Teil zu verdanken, dass man dieses Elend überhaupt bemerkt und sich letztlich doch – vielleicht spät, vielleicht zu wenig, aber immerhin besser als nichts – etwas zum Guten bewegt.
Was man sich persönlich vornimmt, was man dokumentiert – ob irgendwo in der Welt oder doch vor der Haustür, ob man darauf aufmerksam macht, was schützenswert ist oder darauf, was gerade Schlimmes passiert – oder ob man die Kamera doch beiseite legt (das wäre bei dir sehr schade!) und die Ärmel aufkrempelt, oder man sich mehr oder minder politisch engagiert – ich glaube, das muss man sich selbst überlegen – Hauptsache, irgendetwas!
Hallo Sven,
als bekennender Fan deiner Bilder hat mich dein Beitrag auch zum Nachdenken gebracht. Noch mehr überrascht mich aber, dass bislang niemand deinen Beitrag kommentieren wollte.
Als Landschaftsfotografen denke ich habt Ihr durchaus eine Verantwortung dahingehend, zu zeigen, in was für einer tollen Umgebung wir leben. In gewisser Weise ist dies auch Erziehungsarbeit, die ihr hier leitstet:
Einen Blick auf unsere Umwelt zu schulen.
Dazu gehören durchaus auch Schockfotos. Wäre ohne die Fotos von Schildkröten mit Strohhalmen in der Nase eine Diskussion in Gang gekommen?
Das ist nicht sicherlich bequem, weil jeder eigentlich nur das Schöne ablichten will, es ist aber leider die Realität. Wir können uns alles schön reden, aber es gibt leider immer eine andere Seite der Medallie.
Ich freue mich schon auf die nächsten Bilder von Dir – egal ob schön oder kritisch!
durch Zufall bin ich auf diese Seite gestoßen. Bin auch häufig mit der Kamera unterwegs. Leider gibt es eine ganze Reihe schwarzer Schafe unter uns, wo nicht der Naturschutz sondern das gewünschte Bild Vorrang hat.
Insgesamt stelle ich fest, dass die überwiegende Zahl der Menschen in unserem Land wenig bis gar keine Ahnung von unserer arg gebeutelten Natur haben. Tiefer mit dem Thema beschäftigen sich nur wenige.
Wenn solche Menschen dann noch perfekte Fotos oder Filme sehen, ist die Welt ja doch noch heil. Gerade die 45 minütigen Naturfilme zur besten Sendezeit vermitteln doch den Eindruck, es sei alles in Ordnung. Wenn überhaupt, wird nur in einem Nebensatz erwähnt, wie es z.B. um eine Art steht.
Ich selbst mache jedes Jahr einen Kalender und gebe zu jedem Bild einen Kommentar, ja der leider auch die negativen Seiten zu dieser Tierart beschreibt. Mir ist leider bewusst, dass verschiedene Aufnahmen für meine Enkelkinder Zeugnis davon sind, dass es diese Tiere bei uns mal gegeben hat. Im Prinzip müsste ein klares Signal und entsprechende Handlungen aus der Politik kommen. Leider sind die viel zu träge und agieren wenn überhaupt, halbherzig. Ich werde zwar weiter kämpfen und Naturschutz betreiben, aber viel Hoffnung habe ich nicht. Für uns Naturfotografen wird es zusehends schwieriger, bestimmte Arten vor die Linse zu bekommen.