Text & Bilder von Sven Herdt

Wenn Aurora am Nachthimmel des Nordens zu tanzen beginnt und sich darunter eine verschneite wilde Winterlandschaft befindet, dann erlebt man wohl einen der magischten Momente welche man auf als Naturfotograf nur erleben kann. Bei starken Nordlichtern habe ich von jodelnden Bayern bis hin zu Fotografen die gar nicht mehr fotografieren wollen sondern nur das Naturspektakel genießen schon alles erlebt. Es ist mit Sicherheit kein Wunder, dass es ein Traum vieler Fotografen ist einmal im Leben Polarlichter zu sehen und fotografieren zu können. In diesen Artikel gebe ich einige Tipps, welche euch helfen sollen möglichst gut zu planen und Polarlichter auch richtig abzulichten.

Polarlichter entstehen wenn elektrisch geladene Teilchen von der Magnetosphäre des Sonnenwindes in den oberen Schichten der Erdatmosphäre auf Stickstoff- sowie Sauerstoffionen treffen und diese ionisieren. Durch die Energieübertragung rutschen Elektronen eine Schale nach außen, elektromagnetische Strahlung wird emittiert und Licht freigesetzt. Danach kehren die Elektronen wieder auf ihre ursprüngliche Schale zurück. Das grüne Polarlicht entsteht hierbei in einer Höhe von etwa 100km Höhe. Bekommt man eine rötliche Aurora zu Gesicht entsteht diese weit höher in bei ungefähr 200km. Aber auch blaues Licht ist in seltenen Fällen möglich. Da unser menschliches Auge besser grün als rot wahrnehmen kann sehen wir meist nur grünes Licht. Dieses ist aber ohnehin das häufigste welches wir auch mit der Kamera aufnehmen. Polarlichter können unterschiedliche Formen annehmen. Man unterscheidet zwischen Bänder, Korona, Strahlen und Fläche. Bei dieser Einteilung gibt es ebenfalls nochmals Unterscheidungen doch dazu später mehr…

5dmarkiii I f3,5 I 15Sek. I ISO1600

Spiegelungen sind häufig ein schönes Gestaltungsmittel. 5dmarkiii I 35mm I f3,5 I 15Sek. I ISO1600

PLANUNG
Polarlichter gibt es auf der Nordhalbkugel (Aurora Borealis) ebenso wie der Südhalbkugel (Aurora Australis). Hierbei treten sie vorwiegend je nach Stärke in der Nähe des Polarkreises auf genauer gesagt auf den Polarlichtoval. Aus geographischer und finanzieller Sicht ist es sehr viel einfacher den Norden als den Süden zu bereisen. Gute Ziele hierbei sind Island, nördliches Skandinavien (wie etwa die Lofoten) sowie Kanada. Theoretisch gibt es Nordlichter ganzjährig und es hängt nur von der Sonnenaktivität ab. Jedoch sind in der Gegend der Nordlichter die Sommermonate hell und es muss natürlich dunkel sein um Nordlichter auch sehen zu können.Von daher lohnt es sich ab September bis Anfang April auf die Jagd nach dieser magischen Himmelserscheinung zu gehen. Ein weiterer Faktor sind die Wolken. Da Nordlichter ja weit höher in Erscheinung treten als sich Wolken befinden, kann der Blick auf die tanzende Aurora abgeschirmt werden. Die Faktoren um Polarlichter auch wirklich gut sehen zu können sind als folgende:

  • starke Sonnenaktivität

  • ausreichend Dunkelheit

  • möglichst wenige Wolken

Natürlich gehört am Ende immer auch etwas Glück dazu und die geduldigsten Fotografen werden häufig mit der schönsten Aurora belohnt 😉

5dmarkiii I 16mm I f4,0 I 30Sek. I ISO3200

Das Polarlicht hätte ohne das Flugzeug im Vordergrund keine Wirkung. 5dmarkiii I 16mm I f4,0 I 30Sek. I ISO3200

Um die Sonnenaktivität zu bestimmen gibt es nützliche Apps. Ich verwende dabei die AppAurora. Sie sagt einen wie hoch der KP Wert ist und somit die Wahrscheinlichkeit bei wolkenfreien Himmel Polarlichter zu sehen. Dabei geht die Skala von KP0 – KP9. Bei Werten von KP1-2 kann man sein Glück versuchen. Hin und wieder ergeben sich trotz niedriger KP geniale Bilder. Bei einen Wert von KP-3 kann man bereits mit etwas Glück schöne Lichter beobachten. Ein Wert von KP4-5 ist ein guter Wert mit häufig sehr schönen Lichtern. Ein Wert von KP6-9 ist eher selten und man hat meist eine verrückte Nacht vor sich. Weiter kann man in dieser App eine Karte sehen welche sehr wichtig ist. Nicht überall sind Polarlichter gleichzeitig. Das Polarlichtoval wandert durch die Erdrotation um die Erde. Wenn man nicht in den farbigen Bereich ist hat man kaum die Möglichkeit Polarlichter zu sehen. Dann heißt es etwas abwarten bis das Oval über den eigenen Standpunkt steht. Auch die Wolkenabschätzung wird in dieser App prognostiziert. Doch verwende ich hierfür meist zusätzlich einheimische Wetterberichte und lasse mir Wolkenbewegungen anzeigen. Wie z.b. vedur.is auf Island oder yr.no in Norwegen. Aber auch Wetterdienste und Polarlichtapps können falsch liegen. Von daher bin ich auch immer gerne nachts unterwegs und versuche mein Glück solange etwas Hoffnung besteht.

Gut zu sehen sind hier die Strukturen und das magenta gefärbte Polarlicht. 5dmarkiii I 22mm If2,8 I 8Sek. I ISO1600

Bei der Frage nach der Mondphase gehen die Meinungen auseinander. Manche Fotografen bevorzugen den Neumond. Wie auch den Sternenhimmel kann man das Polarlicht natürlich auch zu dieser Zeit besser wahr nehmen. Will man bei Neumond jedoch Vordergründe und die Landschaft mit ins Bild ein beziehen, benötigt man einiges an Erfahrung, Routine und Computerarbeit. Für alle die zum ersten mal auf die Jagd nach der tanzenden Aurora gehen empfehle ich in der nähe des Vollmondes zu fotografieren. Dies hat zwei große Vorteile. Zum einen wird die Landschaft durch das Mondlicht schön ausgeleuchtet. Ebenfalls überstrahlt der Mond ab ca. 2/3 Mondfläche das Umgebungslicht der Dörfer. Die Orangefärbung auf Wolken, Bergen etc. wird somit häufig beseitigt. Dies hängt natürlich davon von der Stärke der Lichtquelle und deren Entfernung zu den Bergen etc. ab.

VOR ORT
Bei der Fotografie von Nordlichtern muss man ebenso auf einen Bildaufbau achten, wie auch bei der restlichen Landschaftsfotografie. Polarlichter alleine fotografiert sind zwar eine schöne Erinnerung aber aus fotografischer Sicht nicht sehr wertvoll (außer es tanzt wirklich stark genau über einen). Wir benötigen einen Vordergrund wie z.B einen Wasserfall, eine alte Hütte, Bachlauf, See oder zumindest eine Bergsilhouette. Die grobe Richtung unseres Motivs sollte nach Norden zeigen. Bei einen niedrigen KP-Wert sollte der Blick in den Norden jedoch nicht durch einen hohen Berg verstellt sein. Bei niedriger KP bleiben Nordlichter häufig weit unten am Horizont und man würde sie somit nicht sehen sollten sie auftreten.

Meist beginnen Nordlichter sehr ähnlich. Zuerst nehmen wir in Richtung Norden wolkenähnliche Gebilde wahr. Mit einen ungeübten Auge werden diese leichten Nordlichter meist mit Wolken verwechselt. Kann man jedoch hinter diesen Wolken noch Sterne erkennen ist es wahrscheinlich ein Polarlicht. Zur Sicherheit mache ich dann häufig mit sher hoher ISO eine kurze Probeaufnahme. Bei leicht grünlichen Wolken am Kameradisplay handelt es sich um Polarlicht. Sind die Wolken jedoch grau oder orange eingefärbt handelt es sich wirklich nur um Wolken.

Der Schnee hilft um die Landschaft noch besser in der Dunkelheit wahr zu nehmen. 5dmarkiii I 21mm I f4 I 8Sek. I ISO3200

TECHNIK
Wie bei jeder anderen Aufnahme auch sind Belichtung und Schärfe die zwei wichtigen Faktoren bei der Polarlichtfotografie. Häufig werde ich über die richtige Einstellung gefragt. Doch eine Pauschalantwort gibt es hierbei nicht. Polarlichter können sehr unterschiedlich sein und somit auch die Einstellungen. Eine Nacht sind sie kaum zu sehen und wabern nur etwas während sie beim nächsten mal shr hell am Nachthimmel tanzen. Die Belichtung muss den Gegebenheiten angepasst werden. Wir haben hierfür ebenfalls wie bei der herkömmlichen Landschaftsfotografie auch die Zeit, Blende und ISO zur Verfügung. Diese Einstellungen müssen komplett manuell gemacht werden, da die Kamera auf Halbautomatik- und Automatikmodus während der Nacht nicht klar kommt. Die Blende wird fast immer vollständig geöffnet also größtmögliche Blende/kleinst mögliche Blendenzahl. Eine Blendenzahl von 2,8 oder weniger ist dabei sehr hilfreich. Mit der Zeit und den ISO stelle ich mich dann auf das Polarlicht ein. Bei der ISO-Einstellung ist ein Ausgangswert von ISO1600 häufig sinnvoll. Nach einer ersten Probeaufnahme passe ich dann die ISO weiter an. Habe ich z.B am Horizont nur einen Bogen, welcher sich kaum bewegt kann ich die Zeit ohne Probleme auf 20-30 Sekunden stellen. Das Polarlicht ist dann eher schwach. Dies wird durch die lange Belichtungszeit jedoch ausgeglichen. Längere Belichtungen wären jedoch nicht sinnvoll, da sich ansonsten die Sterne beginnen zu bewegen und nicht mehr als Punkt abgebildet werden. Wie lange man belichten kann hängt vom Winkel des jeweiligen Objektives ab. Je mehr Weitwinkel desto längere Zeiten sind möglich um Sterne auch scharf abzubilden. Sobald das Polarlicht jedoch stärker wird und beginnt sich zu bewegen muss ich meine Zeiten verkürzen. Idealerweise wird das Polarlicht in diesen Moment möglichst scharf abgebildet. So dass man einzelne Strukturen sehen kann. Je nach Polarlicht gehe ich dann auf 1-10 Sekunden zurück. Wenn sich die Lichter schnell bewegen, sind sie meist auch viel heller als wenn sie nur am Horizont einen Bogen machen. Mit den ISO-Werten kann ich in diesen Moment Einfluss auf die Belichtung nehmen. Bei der Belcihtung ist es sehr wichtig, dass man auch mit seinen Histogramm arbeitet. Die Augen sind an die Dunkelheit gewöhnt und am Kameradisplay erscheint das Bild heller als es tatsächlich ist. Es soll trotz Dunkelheit in allen Bereichen Zeichnung vorhanden sein. Das Histogramm darf auf der rechten/dunklen Seite genauso wenig abgeschnitten sein wie bei anderen Aufnahmen auch. Wie oft sage ich das während meiner Workshops und am nächsten Morgen kommt es trotzdem oft zum bösen Erwachen und Teilnehmer sind enttäuscht weil es während der Nacht ja noch hell genug ausgesehen hat. Also bitte kontrolliert regelmäßig euer Histogramm!

In der Bildbearbeitung finde ich kühlere Töne etwas ansprechender so wie hier. 5dmarkIV I 12mm I f2,8 I 25Sek. I ISO3200

Für eine gute Schärfe ist ein robustes Stativ sehr zu empfehlen. Man muss den Bildstabilisator am Objektiv ausschaleten und fotografiert am besten mit Fernauslöser. Ebenso wie die Belichtung muss auch die Schärfe manuell eingestellt werden. Die Schärfe legt man auf unendlich. Doch vorsicht nur selten ist das unendlcih Zeichen am Objektiv auch wirklich unendlich. Meist ist es etwas vorher. Nur wenige manuelle Objektive sind wirklich so eingestellt. Ich drehe also auf unendlich und gehe wieder ein kleines Stück zurück. Danach suche ich mir eine Lichtquelle in weiter Entfernung wie etwa den Mond oder ein Haus. Sollte nichts anderes da sein suche ich mir einen großen Stern. Danach gehe ich mit der Lupe auf eine 10fach-Vergrößerung im Kameradisplay und stelle die Lichtquelle scharf. Das Fotografieren kann nun beginnen und die Nordlichter werden scharf abgebildet.

Doch sollte man auch einen Vordergrund in sein Bild mit eingebaut haben, dann wird dieser durch die große Blende unscharf abgebildet. Wenn man über die Kenntnis und Disziplin verfügt sollte man in dieser Situation unterchiedliche Schärfeebenen fotografieren und diese im Anschluss per Focusstackin in einer Software wie z.B Photoshop zusammenfügen. Ebenfalls ist es möglich bei einer sehr dunklen Nacht den Vordergrund länger zu belichten. Somit kann ich diesen richtig belichten und durch eine kürzere Zeit die Nordlichter scharf abbilden. Diese Technik wird sich lohnen. Ich bevorzuge ein gutes Bild als 50 mit denen ich nur halb zufrieden bin. Doch meine Erfahrung zeigt, dass Fotografenbei den ersten Polarlichtern meist so begeistert sind und ihnen dann die Disziplin fehlt noch den Vordergrund mit zu fotografieren.

Durch den Vollmond ist der Berg schön ausgeleuchtet und der Schnee hat keine orange Einfärbung trotz Umgebungslicht. 5dmarkiii I 30mm I f3,5 I 8Sek. I ISO1600

AUSRÜSTUNG
Bei der Fotoausrüstung wird benötigt:

  • Kamera mit möglichst rauscharmen Sensor bei hohen ISO-Werten

  • ein lichtstarkes Weitwinkelobjektiv

  • ein robustes Stativ

  • Fernauslöser

  • genügend Ersatzakkus (bei Langzeitbelichtungen und kalten Nächten sind diese schneller erschöpft als gewohnt)

Auch ein Filter gegen Lichtverschmutzungkann hilfreich sein. Diese eliminieren die Wellenlänge von Kunstlichtquellen. Diese Nachtfilter finden immer mehr Beliebtheit. Man findet sie z.B bei NiSi oder Haida im Sortiment. Ich war mit dem Ergebnis des Natural Night Filters von NiSi sehr zufrieden und die Ergebnisse sahen um einiges besser aus als ohne.

Weiter macht eine Lichtquelle sinn. Ich bevorzuge eine Stirnlampe gegenüber einer Taschenlampe, da man so noch beide Händ frei hat. Mit Hilfe einer Lichtquelle findet man leichter seinen Weg an die jeweiligen Spots und kann zu Beginn noch seine Einstellungen vornehmen. Viele Stirnlampen verfügen über Rotlicht. Dieses ist nicht ganz so grell für andere Fotografen und auch das eigene Auge gewöhnt sich nicht zu sehr an die Helligkeit. Jedoch sollte die Stirnlampe so wenig wie möglich benutzt werden wenn andere Fotografen vor Ort sind. Ich persönliche kenne meine Kamera so gut und kann alles in der Dunkelheit einstellen. So verärgert man auch sicher niemanden.

Zur wichtigsten Ausrüstung zählt wohl auch warme Kleidung. Den nichts ist störender als lange in der Kälte auf Polarlicht zu warten und man friert. So kann einen dieses magische Erlebnis sehr schnell vermiest werden und das will wohl niemand.

Nun bleibt mir nur noch zu sagen, dass ich euch allen viel Spass auf der Jagd nach den Nordlichtern wünsche. Solltet ihr bei der ersten Sichtung enttäuscht von diesen Spektakel sein waren es einfach nur keine Starken. Nach starken Polarlichter kann man sich wohl den Bann nicht mehr entziehen und man reist immer wieder während der kalten Monate hoch in den Norden…

Unscharfer Vordergrund. Durch Focusstacking kann dies vermieden werden. 5dmarkiii I 22mm I f4 I 30Sek. I ISO3200